Darum gehts
Es sind düstere Tage für die Schlegel AG in Goldach SG. Der Ostschweizer Blechverarbeiter steckt in Liquidation – der Familienbetrieb ist pleite. Bereits während der Nachlassstundung Ende 2024 mussten 80 von 100 Mitarbeitenden gehen. Darunter auch Lehrlinge.
Dass Lernende durch den Konkurs ihres Ausbildungsbetriebs ihre Lehrstelle verlieren, ist kein Einzelfall. Im April berichtete Blick vom drohenden Aus der Chäsi Arni im Emmental. Dort machen zwei der fünf Angestellten gerade die Lehre zum Milchverarbeiter EFZ. Vergangenen Juli traf es die Neuweiler AG im Thurgau: Nach fast 200 Jahren musste die Firma schliessen – vier Lehrlinge standen ohne Lehrstelle da.
Immer wieder geraten Betriebe finanziell unter Druck: Im letzten Jahr verzeichnete die Schweiz so viele Firmenpleiten wie noch nie. Was also kannst du tun, wenn es deinen Lehrbetrieb trifft? Blick hat die wichtigsten Antworten.
An wen kann ich mich wenden, wenn mein Ausbildungsbetrieb in Konkurs geht und ich meine Lehrstelle verliere?
«Optimal ist es, zuerst mit dem eigenen Berufsbildner zu sprechen», rät Bruno Müller, Leiter vom Amt für Berufsbildung St. Gallen.
«Im zweiten Schritt kontaktiert man – möglichst zeitnah – dann das Amt für Berufsbildung. Wir haben für jede Branche eine entsprechende Ansprechperson», so Müller weiter. Diese kenne sich in ihrer Branche gut aus und könne so auch ideal weiterhelfen.
Welche Lösungen gibt es?
«Am besten versucht man, gemeinsam mit der Ansprechperson möglichst rasch eine neue Lehrstelle im gleichen Beruf zu finden», führt Müller aus. Das Berufsbildungsamt sei gut in den entsprechenden Branchen vernetzt und wisse Bescheid, wo man den betroffenen Lernenden schnell unterbringen kann.
Bei einer allfälligen Neuorientierung im Zuge des Lehrstellenverlustes sei auch das Berufsinformationszentrum (BIZ) eine gute Anlaufstelle, so Müller. Die Fachpersonen können aufzeigen, welche anderen Berufsmöglichkeiten es gibt.
Manchmal können Lernende auch vorübergehend bei einem Partnerbetrieb unterkommen. «Da besteht natürlich die Möglichkeit, dass der Betrieb den Lernenden gleich ganz übernimmt», so Müller.
Kann ich meine Lehre trotz Konkurs wie geplant abschliessen?
«Wenn man innerhalb von ungefähr drei Monaten einen neuen Ausbildungsbetrieb findet, kann man die angefangene Berufslehre in der Regel ohne Zeitverlust fortsetzen», weiss Müller.
Gelingt dies nicht, muss man das laufende Lehrjahr möglicherweise wiederholen: In Ausnahmefällen könne das Berufsbildungsamt aber auch individuelle Lösungen bewilligen. «Jeder Fall muss sehr individuell bewertet werden», sagt Müller. Es komme immer darauf an, wo der jeweilige Lernende im theoretischen oder praktischen Teil der Ausbildung steht.
Kann ich weiterhin die Berufsschule besuchen, auch wenn ich keine Lehrstelle mehr habe?
In den meisten Kantonen, auch in St. Gallen, ist das möglich – bis zu drei Monate nach Vertragsauflösung darfst du weiterhin die Berufsfachschule und überbetriebliche Kurse besuchen.
Kann ich trotzdem die LAP abschliessen?
Grundsätzlich ist ein Lehrabschluss ohne Lehrbetrieb nicht vorgesehen. In diesem Sonderfall entscheidet ebenfalls das Berufsbildungsamt über eine individuelle Lösung. «Wenn ein Lernender beispielsweise heute, also am 9. Mai, seine Lehrstelle wegen eines Konkurses verlieren sollte, wird er das Qualifikationsverfahren (QV) in zwei Wochen natürlich trotzdem absolvieren können», versichert Müller.