Schon 3700 Jahre vor Christus lebten Pfahlbauer an den Gestaden des Zugersees. Archäologen entdeckten in der Uferzone von Risch ZG 1300 Pfähle einer jungsteinzeitlichen Siedlung. Jetzt, etwa 5700 Jahre später, kehren die Pfahlbauer zurück: Der Pharmakonzern Novartis plant ein Ausbildungszentrum, das vorwiegend auf Stelzen stehen soll.
Die Entwürfe für das Novartis Corporate Learning Center stammen von den beiden Architekturstars Peter Zumthor (67) und Günther Vogt (58). Ihr Projekt im Park des 1971 verstorbenen Baulöwen Ernst Göhner ist radikal: Statt einen grossen Kubus in die Mitte des Parks zu bauen, stellen die beiden mehrere kleine Pavillons auf meterhohe Stelzen, die optisch in den Baumkronen verschwinden. Von See und Strasse aus werden die fünf Schlaftrakte, das Restaurant und das leicht versenkte Auditorium kaum sichtbar sein. «Wir planen etwas sehr Lokales und typisch Schweizerisches, ohne in Heidi-Romantik zu verfallen», sagt Landschaftsarchitekt Vogt.
Sein Ziel: die Wiederherstellung der ursprünglichen Gletscherlandschaft samt Pflanzen- und Tierwelt. Dafür sollen die Göhner-Villa aus den 1920er-Jahren abgerissen und der beim Parkbau abgeschliffene Moränenhügel neu aufgeschüttet werden.
Novartis-Chefplaner Christian Eugster (55) rechnet mit Gesamtkosten im «tiefen dreistelligen Millionenbereich». Darin enthalten ist die Verlegung einer Strasse, die heute noch mitten durchs Gelände führt. Die Pläne dafür will Novartis in den nächsten Tagen auflegen. Das Baugesuch wird der Pharmakonzern frühestens im Frühsommer nächsten Jahres einreichen. Bezugsbereit ist die Anlage im besten Fall Mitte 2013 – vorausgesetzt, Einsprachen bleiben aus.
«Es würde uns freuen, wenn wir das Ausbildungszentrum in Risch realisieren könnten», sagt Novartis-Chef Daniel Vasella (56). «Als Schweizer Unternehmen bietet sich uns die einmalige Gelegenheit, unseren Managern, die aus aller Welt stammen, unsere Firmenkultur und zugleich unser Landnäherzubringen.» 4500 Kaderleute schleust Novartis jährlich durch Trainingsprogramme. Heute kommen sie in anonymen Hotels zusammen, in Zukunft treffen sie sich im Herzen der Schweiz.
Novartis will die Bauarbeiten so weit wie möglich ans lokale Gewerbe vergeben. 25 bis 30 Personen sollen später als Gärtner, Köche, Handwerker oder in der Reinigung eine Stelle finden.
Durch den Komplex wird das Seeufer in Risch endgültig zur Pharma- und Millionärsmeile. Gut zwei Kilometer nördlich betreibt Novartis-Erzrivale Roche ebenfalls ein Ausbildungszentrum. Im dazugehörenden Schloss residiert Ex-Roche-Finanzchef Henri B. Meier (74). Vasella wohnt nur einen Steinwurf von seinem Ausbildungszentrum entfernt auf einem Grundstück, das früher ebenfalls der Familie Göhner gehörte. Seine Nachbarn sind Erwin Conradi (74), früher Chef des deutschen Handelskonzerns Metro, und der Solothurner Unternehmer Eugen Hänggi (58), der sich ein klassizistisches Schlösschen bauen liess.
«Die Gegend mit Zugersee und Rigi ist eine Ikone der Schweizer Alpen, die schon die Engländer fasziniert hat», sagt Vogt. Novartis gehe beim architektonischen Wettrüsten behutsam vor: «Das Projekt ist kein weiterer Protzbau, sondern geht auf den Ort und die Landschaft ein.»
1 Aula: Als eines der wenigen Gebäude ist sie nicht erhöht, sondern leicht versenkt.
2 Restaurant: Auf der Südostseite des Moränenhügels haben die Kursteilnehmer Sicht auf See und Berge.
3 Dormitorien: Fünf flache Holzgebäude auf Stelzen. Jedes besteht aus neun Einzelzimmern.
4 Ufer des Zugersees.
1 Aula: Als eines der wenigen Gebäude ist sie nicht erhöht, sondern leicht versenkt.
2 Restaurant: Auf der Südostseite des Moränenhügels haben die Kursteilnehmer Sicht auf See und Berge.
3 Dormitorien: Fünf flache Holzgebäude auf Stelzen. Jedes besteht aus neun Einzelzimmern.
4 Ufer des Zugersees.