Patenstreit um Papierkapseln eskaliert – Niederländischer Konkurrent zieht vor Gericht
«Werden Nespresso auch in anderen europäischen Ländern verklagen»

Der Streit eskaliert, nachdem die Verhandlungen gescheitert sind. Nespresso steht in München vor Gericht, weil die Nestlé-Tochter bei seinen Papierkapseln abgekupfert haben soll. Die niederländische Firma Ox Barrier will in weiteren Ländern klagen, wie sie Blick verrät.
Publiziert: 09:29 Uhr
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Aktualisiert: 09:45 Uhr
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Im Frühjahr 2023 brachte Nespresso heimkompostierbare Papierkapseln auf den Markt. (Bild: Der damalige Nespresso-CEO Guillaume Le Cunff)
Foto: Darrin Vanselow

Darum gehts

  • Nespresso wurde wegen Patentverletzung bei kompostierbaren Papierkapseln verklagt
  • Ox Barrier behauptet, Nespresso habe ihre patentierte Technologie kopiert
  • Nespresso-Papierkapseln kosten 50 Rappen mehr als normale Kapseln
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Riccarda CampellRedaktorin Wirtschaft

Sie sind ein Hoffnungsträger für Nespresso: Mit den kompostierbaren Papierkapseln will die Nestlé-Tochter ihr Image aufpolieren, neue Kunden gewinnen und das Milliardengeschäft mit Kaffee des weltgrössten Lebensmittelherstellers in neue Höhen bringen.

Doch jetzt steht das Unternehmen wegen der Öko-Kapsel vor Gericht. Es heisst: Niederlande gegen Nespresso. Was ist passiert? Die niederländische Firma Ox Barrier hat den Schweizer Kaffeekapselproduzenten in Deutschland wegen Patentverletzung verklagt.

Der Vorwurf: Nespresso, deren kompostierbaren Kapseln seit Frühjahr 2023 auf den Schweizer Markt gebracht und inzwischen auch in Frankreich, Deutschland, Österreich, Italien, Luxemburg und Belgien verkauft werden, soll von Ox Barrier abgekupfert haben. 

Diese Erfindung sei nicht neu, so Ox Barrier. Laut den Niederländern wurde ihr Patent mehrfach vom Europäischen Patentamt bestätigt. Ihre Einwegkapselpatente seien in über 30 Ländern erteilt worden.

Patentstreit eskaliert

«Grundsätzlich stellen wir unsere Technologie jedem zur Verfügung. Aber wir haben Anspruch auf eine angemessene Vergütung», sagt Mattie de Koning (46), Leiter des geistigen Eigentums bei Ox Barrier zu Blick. Ein externes Labor prüfte die kompostierbaren Kapseln von Nespresso und kam laut de Koning zum Schluss: Sie verletzen das geistige Eigentum des Unternehmens. Daraufhin nahm Ox Barrier Kontakt zu Nespresso auf.

Zu Beginn führten die beiden Firmen Gespräche. «Wir glaubten, wir seien in Verhandlungen mit Nespresso, und haben sogar eine Zusammenarbeit in Erwägung gezogen. Stattdessen haben sie uns in Frankreich verklagt», sagt de Koning. Die Nestlé-Tochter klagte auf Nichtigkeit des Patents von Ox Barrier. Solche Taktiken seien bei Patentstreitigkeiten üblich, sagt de Koning.

«Sie wollten wohl Druck ausüben und uns einschüchtern, da sie ein sehr grosses Unternehmen sind.» Der Ox-Barrier-Manager: «Nespresso liess uns keine andere Wahl, als einen Rechtsstreit zu beginnen. Sie haben diese aggressive Taktik gewählt.» In beiden Verfahren steht ein Entscheid noch aus. 

Erfindung vor über zehn Jahren

Ox Barrier hat nach eigenen Angaben bereits vor über zehn Jahren mit der Entwicklung kompostierbarer Einwegkapseln begonnen und 2014 das Patent angemeldet. «Es war schwierig, Aluminium zu ersetzen und dabei die gleichen Eigenschaften zu erzielen», sagt de Koning. Entweder fehle der Schutz vor Sauerstoff, vor Feuchtigkeit – oder das Material reisse leicht. Die Herausforderung liege in der exakten Zusammensetzung, so de Koning. «Nur dann funktioniert die Kapsel wirklich.»

Die Niederländer wollten ursprünglich den Weltmarkt für kompostierbare Produkte erobern. Doch das gelang nicht. Grosse Kunden blieben aus. In den letzten Jahren kamen zunehmend Wettbewerber mit Kapseln auf den Markt, die – so de Koning – auf ihrer Technologie basieren. Bei Nespresso in der Schweiz kostet eine Packung Papierkapseln um die sechs Franken – 50 Rappen mehr als die normalen Alu-Kapseln. 

Klagen in weiteren Ländern möglich

Ox Barrier ist bereit, alle Geschütze aufzufahren. «Falls nötig, werden wir Nespresso auch in anderen europäischen Ländern verklagen», so de Koning. Das Unternehmen erwartet von Nespresso Zahlungen für die Nutzung der Technologie – zum Beispiel einen bestimmten Betrag pro Kapsel oder eine jährliche Lizenzgebühr. 

Es gehe der Firma aber nicht darum, Nespresso vom Markt zu drängen. Das dürfte auch schwierig werden: Der Alu-Kapsel-Pionier Nespresso zählt zu den wichtigsten Wachstumstreibern von Nestlé und ist weltweit etabliert, das Geschäft hochprofitabel.

Nespresso bestätigt den Rechtsstreit und teilt auf Anfrage mit: «Wir akzeptieren die von Ox Barrier getätigten Aussagen nicht und werden geeignete Massnahmen ergreifen, um uns in dieser Rechtsangelegenheit zu verteidigen.» Nun liegt der Ball beim Münchner Landesgericht, das Fragen von Blick unbeantwortet liess.

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