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Nur 18 von über 1400 Nahverkehrsstrecken sind rentabel. ÖV-Nutzer sagen:
«Es ist unmöglich, dass alles Gewinn abwirft»

Bei jeder dritte Nahverkehrsstrecke von SBB, Postauto, BLS und Co. decken die Einnahmen aus Billetverkäufen nicht einmal einen Drittel der Kosten. 33 Verbindungen droht das Aus.
Publiziert: 17.02.2020 um 13:13 Uhr
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Aktualisiert: 17.02.2020 um 16:31 Uhr
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Im Schweizer Regionalverkehr sind nur gerade 18 Strecken rentabel.
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Der öffentliche Verkehr gehört in der Schweiz zum Service Public. Dieser umfasst auch die 1422 Verbindungen des regionalen Personenverkehrs. Sie erschliessen fast jede Ortschaft in jeder Region der Schweiz.

Bund und Kantone stecken jährlich fast zwei Milliarden Franken in den regionalen Personenverkehr. Ohne diese ginge gar nichts, denn: Nur gerade 18 Strecken sind rentabel, wie der «Tagesanzeiger» schreibt. Erst nach einem Gesuch der Zeitung über das Öffentlichkeitsgesetz hat das Bundesamt für Verkehr (BAV) die Daten offengelegt.

Auf allen anderen Verbindungen decken die Einnahmen aus Billettverkäufen die Kosten nicht. Bei weitem nicht. Schweizer ÖV-Nutzer finden die Subventionen durch die Bank in Ordnung, wie eine Umfrage von Blick TV am Montag in Zürich zeigt. «Es ist unmöglich, dass alles Gewinn abwirft», sagt Max Baltis aus Oerlikon ZH stellvertretend.

Busse statt Züge

Tatsache ist: Auf fast 500 Linien decken die Einkünfte nicht einmal einen Drittel der Kosten des Angebots. Die Eidgenossenschaft stellt sich die Frage: Wie viel darf der öffentliche Verkehr die Gemeinschaft überhaupt kosten? Das Bundesamt für Verkehr (BAV) überprüft nun die Strecken, auf denen weniger als 10 Prozent der Kosten gedeckt sind.

Insgesamt 33 Nahverkehrslinien droht das Aus. Viele davon befinden sich in der Westschweiz. Nach der Überprüfung könnten diese Verbindungen ab 2022 aus dem Finanzierungsprogramm des Bundes fallen.

Kantone oder Gemeinden müssten einspringen – oder das Angebot wird gestrichen. Eine letzte Möglichkeit wäre der Einsatz von Bussen statt Zügen. Denn diese kosten weniger.

Service Public für abgelegene Dörfer

Linien in ländlichen Gebieten und Bergregionen sind typischerweise unrentabler als im Agglomerationsverkehr. Sie werden von weniger Personen benutzt, weil auch die Bevölkerungsdichte kleiner ist. Es ist jedoch im Sinne des Service Public, dass auch Randregionen und abgelegene Gemeinden vom öffentlichen Verkehr profitieren können.

Deshalb stehen nicht nur Land-Linien auf der Abschussliste. Auch städtische ÖV-Strecken sind darunter. Die Hürde bei Agglomerations-Linien ist aber höher als auf dem Land und beträgt einen Deckungsgrad von 20 Prozent.

Die öffentliche Hand deckt die Hälfte der Kosten des Regionalverkehrs. Davon übernimmt der Bund die eine Hälfte, die Kantone die andere. Fern- und Ortsverkehr werden nicht unterstützt und sind daher von dieser Überprüfung ausgeschlossen.

Stadtverbindungen rentieren eher

Öffentliche Verkehrsbetriebe verdienen gutes Geld an Nachtschwärmern. Bus- und Zuglinien, die das Partyvolk im Morgengrauen nach Hause bringen, rentieren dank Nachtzuschlägen. Dieser wird in Zürich aber abgeschafft. St.Gallen soll bald nachziehen.

Relativ gut schneiden auch Busse, S-Bahnen und Schmalspurbahnen in der Stadt und der Agglomeration ab. Auf diesen Strecken liegt der Kostendeckungsgrad bei 60 Prozent oder höher.

Unrentable Waadtländer Strecken

Unter den fünf rentabelsten Strecken befinden sich – wenig überraschend – zwei Linien im Grossraum Zürich: die Buslinie vom Flughafen Zürich nach Bülach ZH und die Nachtverbindung SN1 von Zürich nach Winterthur. Sie gehören zu den 18 Verbindungen, die ihre Kosten mehr als decken können.

Zu den unrentabelsten gehören zwei Linien im Kanton Waadt: Le Sépey–La Forclaz hat einen Kostendeckungsgrad von gerade mal 5,5 Prozent. Die Busstrecke Ollon–Panex–Plambuit weist einen Deckungsgrad von 7,3 Prozent auf, genauso wie die Buslinie vom sankt-gallischen Pfäfers nach St.Margrethenberg. (gif)

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