Denner, vor allem aber Aldi und Lidl sind hierzulande der Inbegriff für Discounter. Doch es geht noch billiger. Das zeigt ein neuer russischer Anbieter. Torgservis macht sich gerade auf, um Deutschland zu erobern. Erste Station ist Leipzig (D). In der ostdeutschen Stadt eröffnet morgen unter dem Namen Mere das erste Geschäft. Geplant ist ein Filialnetz von über 100 Läden. Alle im Osten von Deutschland.
Schon am Start ist das Unternehmen in Russland, Weissrussland, Rumänien, Kasachstan und China. Insgesamt gibt es etwa 800 Filialen. Auch nach Polen und Aserbaidschan wollen die Russen expandieren. Für die Schweiz sind noch keine Pläne bekannt.
Billig heisst die Devise von Torgservis. Gespart wird denn auch, wo es geht. Statt aus Regalen werden sich die Kunden von Paletten und Hochregalen bedienen müssen. Sich tief bücken müssen, um die Ware aus den Kartons zu holen. Das gilt sogar für Früchte und Gemüse. Die Einkaufswagen sind gebraucht, ebenso wie die Tiefkühltruhen und Palette. In Russland sind die Geschäfte zum Teil sogar ungeheizt.
Mindesteinkauf in Russland
2016 gerieten mehrere Torgservis-Filialen in Russland wegen Verbraucherrechtsverletzungen in die Schlagzeilen.
So hingen in den Läden Plakate, auf denen auf einen Mindesteinkauf in Höhe von 300 Rubel (umgerechnet 4.50 Franken) hingewiesen wurde. Es sei unmöglich, tiefe Preise zu halten, wenn die Leute für eine kleinere Summe einkaufen würden, erklärte der Vertreter einer Niederlassung in Ural die Entscheidung, schreibt forbes.ru.
Der Verbraucherschutz sah darin eine Verletzung des Verbraucherschutzgesetzes und forderte die Verantwortlichen auf, die Plakate zu entfernen.
Offenbar hängen die Zettel jedoch weiter an den Kassen. Zumindest in der Stadt Dmitrow in der Nähe von Moskau, wie forbes.ru berichtet.
20 Prozent billiger
Hauptsächlich will Mere Lebensmittel verkaufen. Auch im Angebot: Haushaltswaren, Drogerieartikel, Kleider und Produkte für Tiere. Das Versprechen: Die Konkurrenz beim Preis um 20 Prozent unterbieten. Auf wessen Kosten?
Neben den Sparmassnahmen bei der Ausstattung kauft Torgservis auch billig ein. Dafür besorgt das Unternehmen viel in Russland und bei mittelständischen Produzenten, die selbst knapp rechnen. Zum Sortiment gehören laut «Stern» aber auch einige Markenprodukte. Etwa Haribo-Goldbären, Barilla-Teigwaren oder Schoggi-Überraschungseier.
Familienfirma aus Sibirien
Wer steht hinter dem Superdiscounter? Inhaber ist die Familie Schnajder aus dem sibirischen Krasnojarsk (Russland). Gestartet ist das Gespann aus Mutter Walentina und zwei Söhnen vor 25 Jahren mit dem Vertrieb von alkoholischen Produkten. Vor zehn Jahren wagten sie sich ins Lebensmittelgeschäft. Der Umsatz soll knapp 1,5 Milliarden Franken betragen.
Das Familienunternehmen gibt sich aber zu Zahlen und dem Geschäft überhaupt äusserst zugeknöpft. Dazu passt auch die Organisation. In Deutschland hat Torgservis für ihre Expansion die GmbH TS Markt gegründet. Die Leipziger Filiale wiederum läuft über die TS Markt 101 GmbH. Mit diesem Konstrukt sollen Steuern gespart werden und möglichst wenig zum Geschäft nach aussen dringen.
Preiskrieg wäre kein Problem
Ein Detailhandelsexperte glaubt laut «Stern», dass die Preisversprechen von Mere erreichbar seien. Aldi und Lidl hätten sich unterdessen nämlich von ihrer Billig-Strategie entfernt und mehr in den Ausbau der Läden und ins Sortiment investiert. Die deutschen Discounter aber könnten sich einem Preiskrieg mit den Neulingen stellen. Nicht nur haben sie deutlich mehr Filialen, sie machen auch die Preise, so der Experte.
Vielleicht also passiert jetzt in Deutschland ähnliches wie vor einigen Jahren in der Schweiz. Nachdem Aldi und Lidl hierzulande die ersten Läden aufmachten, senkten Coop und Migros die Preise ihrer Billiglinien Prix Garantie und M Budget. Symbolträchtig ist die erste Mere-Filiale bereits, sie ersetzt im Leipziger Einkaufszentrum Portitz-Treff einen Aldi.