Zahlreiche Branchen mit Hunderttausenden Mitarbeitern sind im Umbruch. Die Digitalisierung hat Geschäftsmodelle hinweggefegt, krempelt Jobprofile um und stellt die Arbeitswelt komplett auf den Kopf. Zum Beispiel in der Finanzbranche, im Detailhandel oder in den Medien.
Der Wandel verlangt den Firmen alles ab – und damit auch ihren Mitarbeitenden. Sie müssen beweglich und flexibel sein, sollten am besten heute schon so arbeiten, dass ihre Firma morgen noch am Markt ist.
Schlecht für die Gesundheit
Diese Flexibilität und Beweglichkeit nennt sich in der Managersprache «Agilität». Davon haben die meisten schon gehört, ob sie nun wollen oder nicht.
Nun zeigt eine repräsentative Umfrage der Outplacement-Berater von Rundstedt bei über 1500 Führungskräften, darunter viele aus dem Personalbereich, Erstaunliches – oder eben auch Erschreckendes: «Agilität» ist schlecht für die Gesundheit. Will heissen: Der stete Wandel schlägt den Angestellten auf die Gesundheit. Im Umkehrschluss: Wer sich dem Wandel also verschliesst, lebt gesünder.
Diese Aussage bejahen in der Studie, die BLICK bereits vorliegt und die am Mittwoch veröffentlicht wird, knapp zwei Drittel der Befragten. «Ich bin von diesem Ergebnis selber überrascht», sagt Pascal Scheiwiller (46), Studienleiter und CEO der Firma von Rundstedt.
Scheiwiller hat eine Erklärung für das für Unternehmen unerfreuliche Ergebnis: «Die Notwendigkeit, sich ständig zu verändern, das geht bei vielen Leuten an die Substanz, bedeutet für viele Angestellte Stress.»
Und der entsteht so: Wer sich dem Wandel nicht verschliesst, der erledigt oft neben neuen Aufgaben auch noch einen Teil der bisherigen Arbeit. Eine Doppelbelastung – davor sind die weniger Beweglichen gefeit, die Sesselkleber.
Widerstandskraft stärken
Das Problem: An der Veränderung führt kein Weg vorbei. Firmen, die sich nicht bewegen, verschwinden. Das haben die Unternehmen erkannt, daraus aber nur teilweise die richtigen Schlüsse gezogen.
Denn auch das zeigt die Studie: In die fachliche Weiterentwicklung der Mitarbeitenden investieren 62 Prozent der Arbeitgeber. In die persönliche Weiterentwicklung ihrer Angestellten dagegen lediglich 39 Prozent.
Scheiwiller warnt: «Die Unternehmen müssen sich um ihre Mitarbeitenden kümmern, ihnen dabei helfen, den Wandel zu verdauen.» Und ihre Widerstandskraft gegenüber Veränderungen stärken – auch das tun die Firmen viel zu wenig!
Neueinstellungen kosten Geld und Zeit
Noch müssen Sesselkleber nicht gross befürchten, plötzlich ersetzt zu werden, wie Schweiwiller sagt. «Firmen können es sich gar nicht leisten, ständig neue Leute einzustellen, die den aktuellen Anforderungen genügen.» Die Mitarbeitenden bei der Veränderung zu unterstützen, sei die deutlich billigere Variante. Und das wissen die Firmen natürlich.
Es gilt also, vor allem die Sesselkleber mit ins Boot zu holen.
Kurzfristig ist die bessere Gesundheit zwar ein Vorteil, doch könnte sich das auch ins Gegenteil verkehren. Denn je mehr sich die Arbeitswelt verändert, desto eher droht den Sesselklebern, dass sie auf eben diesem Sessel vor die Tür gestellt werden! Und das ist dann wirklich schlecht, zumindest für die psychische Gesundheit.