Nach umstrittener «Kulturfilter»-Aussage von Präsident Colm Kelleher
UBS-Chef Sergio Ermotti rudert zurück

An einer Wirtschaftskonferenz in Singapur plaudert UBS-CEO Sergio Ermotti aus dem Nähkästchen. Er schmiert den CS-Leuten Honig ums Maul – macht aber gleichzeitig klar, wer bei der Bankenfusion am Ruder sitzt: die UBS.
Publiziert: 12.11.2023 um 17:44 Uhr
Laut Sergio Ermotti ist der kulturelle Unterschied zwischen CS- und UBS-Personal gar nicht so gross.
Foto: Getty Images
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Sarah FrattaroliStv. Wirtschaftschefin

Die Credit-Suisse-Banker sind risikofreudig, während ihre Pendants bei der UBS brave Streber sind. Oder doch nicht? UBS-Präsident Colm Kelleher (66) hatte kurz nach Bekanntwerden der Übernahme der CS durch die UBS öffentlich verlauten lassen, alle CS-Mitarbeitenden müssten einen «kulturellen Filter» durchlaufen, bevor sie bei der UBS weiterarbeiten könnten.

Kelleher spielte damit auf die problematische Risikokultur der CS an, die er den Bankern offenbar austreiben wollte. Beim CS-Personal sorgten die Aussagen für Beunruhigung: Viele fühlten sich wie Mitarbeiter zweiter Klasse behandelt, zitterten um ihren Job.

CS-Leute haben nichts zu melden

UBS-CEO Sergio Ermotti (63) relativiert die Aussagen seines Präsidenten nun. «Ich denke nicht, dass es per se einen kulturellen Graben zwischen den beiden Unternehmen gibt», sagte Ermotti an einer von der Finanznachrichtenagentur Bloomberg organisierten Konferenz in Singapur. «Wir standen in harter Konkurrenz zueinander, arbeiteten aber mit den mehr oder weniger gleichen Geschäftsmodellen.»

Ermotti machte trotz versöhnlicher Töne aber auch klar, wer bei der Bankenfusion die Zügel in der Hand hält: «Wenn wir uns zu lange darüber unterhalten, wie wir geschäften, verzögert das nicht nur die Integration», so Ermotti in Singapur. «Es würde potenziell auch zu Konflikten führen.»

Integration frisst Ermottis Zeit

Dass Ermotti die Kulturdifferenzen gerade jetzt – mehr als ein halbes Jahr nach Kellehers umstrittener Aussage – wieder aufbringt, dürfte kein Zufall sein: Mit Publikation der Quartalszahlen dieser Tage machte die UBS auch bekannt, dass sie bisher 500 Millionen US-Dollar für Rückhaltezahlungen aufgeworfen hat. Es handelt sich dabei um grosszügige Goodies, um die Mitarbeitenden bei der Stange zu halten.

Die Bank erlebt einen beispiellosen Aderlass. «Im Moment wird keinem mehr gekündigt, weil zu viele davonlaufen», sagte ein CS-Kadermann jüngst im Blick. Wer kann, verlässt das sinkende Schiff – etwa in Richtung von Privat- und Kantonalbanken oder der Versicherungsbranche. Für die UBS wird das immer mehr zum Risiko. Um die Integration der CS sauber über die Bühne zu bringen, braucht sie alle Hände an Deck.

Das gilt auch für den Boss höchstpersönlich: Zwei Drittel seiner Zeit gingen dafür drauf, sich um die Integration der CS zu kümmern, so UBS-CEO Ermotti. Nur ein Drittel bleibe für die Führung der Bank und das tägliche Geschäft. 

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