Nutzer der Videoplattform Youtube wissen, diese stellt sich schnell auf ihre Vorlieben ein. Wer sich einige Katzenvideos angeschaut hat, wird in der Folge von süssen Katzen überschwemmt. Wer sich dagegen mal Musikvideos von US-Rappern anschaut, entkommt diesen später fast nicht mehr. Grund dafür ist der Empfehlungsalgorithmus. Die dunkle Seite dieser Technik sorgt nun für einen Werbe-Boykott – auch von Schweizer Firmen.
Youtube und ihr Mutterkonzern Google stehen in der Kritik, Pädophilen eine Plattform zu bieten. Wie ein Video-Blogger ausgerechnet über Youtube bekannt gemacht hat, vernetzen sich diese über das Portal. Sie nutzen dazu die Kommentarspalten von eigentlich harmlosen Videos mit Kindern. Etwa solche, die Kinder beim Turnen oder Spielen zeigen.
Youtube verspricht Besserung
Auch in diesen Fällen werden den Nutzern dann weitere ähnliche Videos vorgeschlagen. Laut den Recherchen des Video-Bloggers trainieren die Pädophilen das System weiter zu ihren Gunsten. Und so bildet sich ein eigentliches Netzwerk.
Entsetzt über die Vorgänge sind nun auch die Werbekunden von Youtube. Ihre Werbungen tauchen etwa vor den betroffenen Videos oder auch daneben auf. Am Mittwoch versprach Youtube wichtigen Werbekunden in einer Telefonkonferenz rasch zu reagieren. Inzwischen hat das Portal nach eigenen Angaben über 400 Kanäle und Millionen Kommentare gelöscht. Sie verstossen gegen die Richtlinien.
Nestlé macht Werbepause
Ebenfalls reagiert haben Schweizer Unternehmen. So bestätigt Nestlé auf Anfrage der «Handelszeitung»: «Wir haben beschlossen, vorübergehend nicht mehr auf Youtube zu werben.» Der Entscheid sei in Nordamerika bereits Kraft, habe aber globale Reichweite.
Wie die SRF-Sendung «10 vor 10» am Freitagabend berichtete, sind auch Kuoni und Manor betroffen. Beide verzichten ab sofort auf Werbung bei Youtube, nachdem das Fernsehen sie auf die Problematik aufmerksam gemacht hatte.
Vorübergehend auf Youtube-Werbung verzichten unter anderem auch Disney, Dr. Oetker, Kellog's, Fiat Chrysler, Canada Goose und Mc Donald's. Die Plattform muss sich nun bemühen, das Problem zu lösen und die Kunden so schnell wie möglich zurückzuholen. Denn die Video-Werbung ist für Google eine wichtige Einnahmequelle. Über 10 Milliarden Franken sollen diese pro Jahr einbringen. (jfr)