Raiffeisen verabschiedet sich von der Ära Vincenz. Zuerst rollten die Köpfe: Die gesamte Bankleitung und fast der gesamte Verwaltungsrat wurden ausgetauscht. Jetzt revidiert die drittgrösste Bankengruppe der Schweiz auch ihre Struktur.
An der ausserordentlichen Delegiertenversammlung in Zürich-Oerlikon haben die Genossenschaftler gestern die «Reform 21» beschlossen und weitreichende organisatorische Änderungen in die Wege geleitet: Das Prinzip «Eine Bank, eine Stimme» gibt neu jeder Raiffeisenbank unabhängig von ihrer Grösse eine Stimme in der Generalversammlung.
Das war bislang nicht der Fall. Die 229 Raiffeisenbanken schickten nach einem mathematischen Verteilschlüssel lediglich 164 Delegierte an die Delegiertenversammlung. Künftig werden 229 Mitglieder an der Generalversammlung teilnehmen.
Neue Verwaltungsrätin gewählt
Anne Bobillier (52) wurde in den Verwaltungsrat von Raiffeisen Schweiz gewählt. Dieser wird damit auf 10 Mitglieder erweitert.
Die Vergütungen von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung werden der Generalversammlung künftig konsultativ zur Abstimmung vorgelegt.
Zudem soll es zwischen den Organen von Raiffeisen Schweiz und neuen Gremien der Raiffeisenbanken einen «institutionalisierten Meinungsaustausch» geben. Der Austausch zwischen diesen neu geschaffenen Gremien der Raiffeisenbank mit der Raiffeisen Schweiz ist nun in den Statuten verankert worden.
«Raiffeisen Schweiz ist besser organisiert»
«Die ersten Reformziele sind erreicht», sagt Kurt Sidler, Präsident des Koordinationsgremiums der Regionalverbände und Vertreter der Eigner. «Die Bedürfnisse der Eigner und von Raiffeisen Schweiz sind in den neuen Strukturen verankert. Ich bin sehr stolz, dass wir uns im Reformprozess auf unsere Wurzeln zurückbesonnen und unsere Werte und unsere Kultur wieder in den Vordergrund gerückt haben.»
CEO Heinz Huber sagt an der Medienkonferenz: «Durch den Austausch mit den Fachgremien sind wir noch näher bei den Kunden.» Man habe die Hausaufgaben gemacht. «Raiffeisen Schweiz ist heute besser organisiert.» Eitel Sonnenschein auch bei VR-Präsident Guy Lachappelle: «Es herrscht absolute Einigkeit, wie sich Raiffeisen in Zukunft entwickeln soll.»
«Grundlage für verbesserte Zusammenarbeit»
Mit der neuen Gruppen-Governance und der Eignerstrategie haben die Raiffeisenbanken und Raiffeisen Schweiz laut einer Medienmitteilung «gemeinsam die Voraussetzung für eine transparente Steuerung der gesamten Raiffeisen Gruppe festgelegt und die Grundlage für eine verbesserte Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe geschaffen».
Ex-Chef Pierin Vincenz (63) hatte St. Gallen zu einer mächtigen Zentrale ausgebaut, die den anderen Raiffeisenbanken häufig ihren Willen diktierte. Jetzt holen sich die 229 Raiffeisenbanken die Kontrolle zurück.