Schwere Säcke, lange Wege, den Launen des Wetters ausgesetzt, mitten im Dreck – Müllfrauen und Müllmänner leisten Knochenarbeit. Eine von ihnen ist Maria Mosquera (32). Sie beginnt ihren Arbeitstag in der Zentrale der Stadtreinigung Basel an der Hagenaustrasse 40, gleich bei der französischen Grenze.
Es ist Donnerstag, 6.30 Uhr. Das Thermometer bewegt sich bei nasskalten zwei Grad. Maria Mosqueras Entsorgungstour wird sie zusammen mit ihren zwei Kollegen nach Kleinbasel führen. Sie sorgen dafür, dass die Stadt am Rheinknie nicht im Dreck versinkt. 365 Tage im Jahr.
Das Müllgeschäft – eine Männerdomäne
Mülllader stammen aus Albanien, Deutschland, Indien, Kuba, Marokko, Peru, der Schweiz oder Thailand. Es sind Angestellte aus 24 Nationen, die Strassen und Trottoirs fegen, öffentliche Mülleimer leeren, das Altpapier und Sperrgut sammeln – vor allem aber hieven sie die Bebbi-Sägg, so nennen die Basler ihre blauen Abfallsäcke, in den Schlund ihrer tonnenschweren Müllwagen.
Die Spanierin Maria Mosquera gehört zu den wenigen Frauen, die als Laderinnen im von Männern dominierten Müllgeschäft arbeiten. 265 Angestellten zählt die Stadtreinigung – 23 davon Frauen. Der Altersdurchschnitt liegt bei 45 Jahren. Nicht wenige arbeiten bereits seit mehr als einer Dekade auf dem Beruf. Der Umgang ist rau aber freundlich.
Für Mosquera kein Problem: «Die Männer respektieren mich», sagt sie selbstbewusst und krempelt die Ärmel hoch. Auf dem linken Unterarm prangt eine Tätowierung. Sie zeigt einen Traumfänger, darunter steht in schlichten Lettern geschrieben: «Dreamer». Maria Mosquera lächelt. Sie sei halt eine Träumerin. Das sei sie schon immer gewesen.
Hat sie Träume? «Ein gutes Leben», sagt Maria, bückt sich und hievt den Müll in die Mulde des Lasters. Macht die Arbeit sie glücklich? «Ja!»
Sechs Tonnen Abfall für Maria
Es wird nicht der letzte Bebbi-Sagg sein, den Maria und ihr Kollege heute in die Hände nehmen. Während Fahrer Amir das eiserne Ungetüm im Schritttempo durch Kleinbasel chauffiert, wird sich Maria Mosquera während der kommenden acht Stunden fast alle 20 Meter bücken.
Am Ende einer Tour wird sie nicht weniger als sechs Tonnen Müll in den Laster gehievt haben – an den Feiertagen sind es bis zu 13 Tonnen. «Es ist ein harter Job», sagt Mosquera, die seit rund drei Jahren als Laderin arbeitet. Doch es lohne sich. Sie sei frei, sie sei draussen, nur das zähle.
Vom Laster steigen, Bebbi-Sagg oder Müllcontainer fassen, in die Mulde kippen, aufsteigen. Diese Arbeitsschritte wird die 32-Jährige bis Ende Jahr 200'000 Mal wiederholen. Gemäss Lohnstatistik verdient sie ungefähr 5000 Franken im Monat. Insgesamt sammeln die Laderinnen und Lader jährlich rund 5,5 Millionen Abfallsäcke ein.
In der Schweiz geboren, ging sie mit zwölf Jahren zurück nach Spanien, absolvierte dort eine Lehre als kaufmännische Angestellte. Doch das Büro war nie ihr Traumjob. Drinnen zu arbeiten, sagt Mosquera, war ihre Sache nicht. Zurück in der Schweiz heuerte sie bei der Stadtreinigung an. Zuerst in der Kantine, dann an der Front – auf der Strasse.
9000 Elefanten
Jährlich werden in der Schweiz rund 700 Kilogramm Abfall pro Kopf produziert. Alleine die Haushalte im Kanton Basel-Stadt bringen es jährlich auf 32'000 Tonnen. Kehricht so schwer wie 9000 Elefanten. Der Müll wird rezykliert oder landet im Bebbi-Sagg und damit in den Händen der Müllladerin.
Maria Mosquera verrichtet jene Arbeit, vor der sich die meisten Menschen ekeln. Zur körperlichen Anstrengung gesellt sich der Geschmack von verrottetem Essen. Um die beissenden Gerüche ist Mosquera nicht zu beneiden. «Man gewöhnt sich aber daran», sagt sie.
Im Sommer sei es am schlimmsten, erzählt Mosquera als sie sich auf das Treppchen am Heck des Lasters schwingt. «Oft hat es Würmer im Abfall. Das stinkt bestialisch.» Manchmal platze ein Sack. Dann kleben die Würmer an der Arbeitskleidung. Etwas gruusig sei das schon.
Und ungefährlich ist diese Knochenarbeit nicht. Nicht selten landen auch Spritzen oder zerborstene Flaschen in den Abfallsäcken. Das führt zu schmerzhaften Schnittverletzungen oder Infektionen. Davon wurde Maria Mosquera bislang verschont. Man müsse eben aufpassen.
Die Passanten in Kleinbasel beobachten das geschäftigen Treiben der Frauen und Männer der Stadtreinigung. Tauschen will wohl niemand mit denen. Doch für Maria Mosquera ist es ein Job wie jeder andere. Aber einer unter freiem Himmel.