Mobbing, Droh-Mails, Belästigung
Spar-Chef terrorisiert Mitarbeiter

Die Führungsetage der Spar-Supermärkte steht am Pranger. Der Chef aller Filialen in der Schweiz sieht sich massiven Vorwürfen konfrontiert. Nach BLICK-Recherchen schaltet sich Spar-CEO Hans Beer ein.
Publiziert: 23.04.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 02:25 Uhr
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Im Sommer 2013 will H. mit 70 Spar-Getreuen den bestreikten Spar-Shop in Dättwil AG stürmen.
Foto: RDB
Ulrich Rotzinger

Die Teppichetage von Spar sieht sich mit massiven Vorwürfen konfrontiert. Unter Beschuss steht Kadermann M.H.*, der oberste Chef von allen Spar-Filialen in der Schweiz.

In der Öffentlichkeit ist H. bereits im Sommer 2013 aufgefallen. Damals führte er ein Räumungskommando an, um sich Zugang zu einer bestreikten Filiale in Dättwil AG zu verschaffen. Der Streit mit der Gewerkschaft Unia eskalierte.

Jetzt steht H. erneut am Pranger, diesmal im eigenen Haus. BLICK erreichen Hilferufe von Spar-Mitarbeitern. «Es ist traurig, dass die vielen Hundert korrekt und hart arbeitenden Angestellten an der Front seit Jahren von Vorgesetzten terrorisiert werden, die immer wieder ungeschoren davon kommen», sagt ein Spar-Insider. Aus Angst vor Jobverlust bitten die Mitarbeiter um Anonymität.

Die Vorwürfe gegen H. sind happig

> Psychoterror und Droh-Mails: «Scheisse, scheisse und nochmals scheisse!» Und: «Zieht euch warm an», mailt H. Bezirksleitern. Ein Metzger musste kurz vor der Pension auf sein Drängen hin gehen, ebenso ein junger Filialleiter.

> Belästigung von Mitarbeitern: H. ruft Angestellte zu einem «Ideenwettbewerb» auf, um aus den Anfangsbuchstaben der Gewerkschaft Unia einen Slogan zu machen. Sein Vorschlag: «Unkontrollierbare Infektionen im Arsch». Ein anderes Mal lässt er seine Mitarbeiter per Mail wissen, dass er «ab 17 Uhr sturzbetrunken ist», später unterm Tisch liege und um 22 Uhr unter seiner Frau. Sein Auftreten gegenüber Mitarbeitern sei «krank und primitiv», hört man immer wieder.

> Whats-App-Profil mit Horrorbild: «Kinder brauchen Fleisch» steht auf dem Profilbild von H’s. Firmenhandy auf WhatsApp. Darauf: ein blutverschmiertes Zombie-Kind. Dasselbe Bild habe er auch schon als E-Mail mit Betreff: «was machen wir heute?» verschickt. Mitarbeiter sprechen von Mobbing.

H. fällt nicht als einziger negativ in der Teppichetage auf: Mitarbeiter beschweren sich auch über G.*, den Adoptivsohn von Spar-Präsident Stefan Leuthold (57). G. soll an Kadersitzungen seine Mitarbeiter als «Arschlöcher» und «Wixer» tituliert haben. «Das gehört zum akzeptierten Alltag bis hinauf in die Chefetage», sagt der Spar-Insider.

Die Familie Leuthold hält heute noch eine Beteiligung von 40 Prozent an Spar. Per 1. April übernahm die südafrikanische Spar Group Ltd. 60 Prozent von Spar Schweiz. Die Familie kassierte 44.5 Millionen Franken. Gerade eben war eine Delegation aus Südafrika auf Firmen-Visite in Gossau SG.

Die Geschäftsleitung hat es doch gewusst

Die Spar-Zentrale bezieht Stellung: «Der Versand dieser E-Mails und SMS ist uns durch die betreffende Person bestätigt worden», sagt Sprecher Ronald Haug zu einem Bericht von «20min.ch». Die Geschäftsleitung habe von den Vorfällen aber nicht gewusst, versichert er im Pendlerblatt.

BLICK weiss aber: Spätestens seit dem 26. Oktober 2015 hatte die Geschäftsleitung um CEO Hans Beer (48) und Präsident Leuthold Kenntnis von den Vorfällen. Mitarbeiter hatten sich aus Sorge um den Ruf von Spar an die oberste Firmenleitung gewandt. Auch die interne Beschwerdestelle Movis wurde von Mitarbeitern eingeschaltet  und über den Fall informiert – allerdings ohne Ergebnis.

Auf den Widerspruch angesprochen, schaltet sich Spar-CEO Hans Beer (49) ein. Der direkte Vorgesetzte von H. und G. bestätigt, dass die Geschäftsleitung vom Fall wusste. Sie habe ihn aber «ad acta» gelegt.

«Das war ein Fehler», sagt Beer zu BLICK. «Im vorliegenden Fall sind unsere internen Richtlinien ganz klar verletzt worden, das bedauern wir sehr.» Spar distanziere sich entschieden von diesem Verhalten und billige dies in keinerlei Weise. «H. wurde gerügt», sagt Beer.

Weitere Konsequenzen hat dieser aber nicht zu befürchten: Er verbürge sich für die beiden Kader, sagt Beer. «Ich erlebe H. und G. als kompetente Führungspersonen.» Er werde aber Massnahmen treffen, damit so etwas nicht mehr vorkomme.

*Namen der Redaktion bekannt

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