Referenzzinssatz fällt auf 1,25 Prozent
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1 Mrd Franken Mietzinssenkung:Referenzzinssatz fällt auf 1,25 Prozent

Mietrechtsexpertin beantwortet die wichtigsten Fragen zum Referenzzinssatz
So holen Sie eine Senkung Ihrer Miete heraus

Der Referenzzinssatz sinkt auf 1,25 Prozent. Davon profitieren die Mieterinnen und Mieter. Doch Wohnungsmieter müssen selbst aktiv werden, sagt Mietrechtsexpertin Larissa Steiner.
Publiziert: 02.03.2020 um 15:46 Uhr
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Aktualisiert: 02.03.2020 um 15:48 Uhr
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Der Referenzzinssatz fällt am 2. März von 1,5 auf 1,25 Prozent, wie das Bundesamt für Wohnungswesen bekannt gibt.
Foto: KEYSTONE
Ulrich Rotzinger

Gute Nachricht für Schweizer Mieter: Das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) hat am Montag den hypothekarischen Referenzzinssatz für Wohnungsmieten auf ein Rekordtief von 1,25 Prozent gesenkt (BLICK berichtete). Drei Jahre lang lag der Zinssatz bei 1,5 Prozent. Der Hauseigentümerverband Schweiz rät Vermietern, ihre Mietzinse aufgrund der neuen Situation zu überprüfen.

Denn: Laut dem Vergleichsdienst Comparis können Mieter nun «mehrere Hundert Franken pro Jahr» sparen. Zum Beispiel: Für eine 3- bis 4-Zimmer-Wohnung im Kanton Zürich mit durchschnittlich 1606 Franken Miete beträgt das theoretische Sparpotenzial gut 560 Franken jährlich. Im Kanton Basel-Stadt (durchschnittliche Miete 1379 Franken) wären es 480 Franken. Im Kanton Tessin (durchschnittliche Miete 1224 Franken) sind es immerhin rund 430 Franken.

Doch Wohnungsmieter müssen selbst aktiv werden, um eine tiefere Miete zu erwirken, sagt Larissa Steiner (30), Leiterin Rechtsberatung vom Mieterverband Zürich. Sie beantwortet BLICK-Leserinnen und -Lesern die wichtigsten Fragen.

Warum stellen so wenig Leute einen Antrag auf Mietzinsreduktion?
Da geht bares Geld verloren, sagt Steiner. Die meisten Mieterinnen und Mieter haben nun zwar einen Anspruch auf eine Mietzinsreduktion, doch machen viele diesen nicht geltend. «Da kann ich nur spekulieren. Man befürchtet beispielsweise einen negativen Einfluss auf das Mietverhältnis.» Sprich: Zum Wohle des Hausfriedens verzichtet man, beim Vermieter vorstellig zu werden.

Was muss man beim Antrag auf eine Mietzinsreduktion beachten?
Die Vermieterschaft ist nicht verpflichtet, den tieferen Referenzzinssatz an die Mietenden weiter zu geben. Automatisch passiert hier nichts. Die Mieter müssen folglich einen Antrag stellen. «Das kann in Form eines schriftlichen Senkungsbegehrens sein», sagt Steiner. Der Aufwand sei klein, «man muss einfach einen Brief schreiben». Musterformulare gibt es beispielsweise bei Mieterverband.ch

Braucht es eine lange Begründung für die Senkung?
Nein, es reicht eigentlich ein einziger Satz, dass man aufgrund des gefallenen Referenzzinssatzes nun einen tiefere Miete geltend macht, so die Rechtsexpertin. Wichtig sei, dass man den Brief als Einschreiben verschickt.

Ab wann tritt die Senkung dann in Kraft?
Ein Senkungsanspruch kann man nach den gleichen Modalitäten stellen wie eine Kündigung des Mietverhältnisses. Dass heisst, in den Mietvertrag hineinschauen, kontrollieren, wann das nächste Kündigungsdatum ist. Ab dann wird die tiefere Miete verrechnet, falls der Senkung stattgegeben wurde. In Zürich haben viele Mieterinnen und Mieter beispielsweise nur zwei Kündigungstermine jährlich.

Wie gross ist das Sparpotenzial einer Mietzinssenkung?
Das variiert extrem stark, sagt Steiner. Und habe damit zu tun, wie lange der Mieter schon in der Wohnung ist. Wer schon eine gewisse Zeit in der Mietwohnung lebt und noch nie einen Senkungsanspruch geltend gemacht habe, könne gut einen dreistelligen Frankenbetrag sparen. «Ich würde auch bei einem kürzeren Mietverhältnis auf jeden Fall eine Senkung der Miete beantragen», so die Rechtsexpertin.

Was ist, wenn das Senkungsbegehren vom Vermieter abgelehnt wird?
«Rein aus Lust und Laune geht das nicht», sagt Steiner. Es braucht objektive, nachvollziehbare Gründe für die Ablehnung des Antrags. Wehren kann man sich auf jeden Fall. Es sei vielleicht besser, erst eine Beratung, etwa beim Mieterverband aufzusuchen. «Wir können überprüfen, ob der Anspruch zu recht abgelehnt wurde oder nicht.» Kommt es nicht zur Einigung über eine tiefere Miete, bleibt der Gang zur Schlichtungsbehörde.

Kann eine Veränderung des Referenzzinssatzes auch zu einer Erhöhung des Mietzinses führen?
Ja, wenn der Zinssatz steigt, können Vermieter darauf abgestützt die Mieten erhöhen. Seit der Einführung des Referenzzinssatzes im Jahr 2008 ist das aber noch nie passiert.

Das wichtigste zum Referenzzinssatz

1. Was ist eigentlich ein hypothekarischer Referenzzinssatz?
Der Referenzzinssatz ist eine der Richtgrössen für die Wohnungsmieten. Durch ihn können Veränderungen des Hypothekarzinsniveaus auf die Mieter übertragen werden. Der Referenzzinssatz bildet also die Kosten ab, die dem Hauseigentümer zur Finanzierung einer Liegenschaft entstehen.

2. Wofür braucht es den Referenzzinssatz?
Er ist massgebend für die Mieten der meisten Mietwohnungen – ausgeschlossen sind beispielsweise Genossenschaftswohnungen, deren Mietzinse einer staatlichen Kontrolle unterliegen.

3. Wann wurde der Referenzzinssatz eingeführt?
Der Referenzzinssatz wurde 2008 eingeführt. Ziel war es, die Mietzinsgestaltung landesweit zu harmonisieren. Seit seinem Bestehen ist er von 3,5 auf 1,25 Prozent gesunken. Im Juni 2023 gab es nun die erste Erhöhung auf 1,5 Prozent seit der Einführung.

4. Kann eine Veränderung des Referenzzinssatzes zu einer Erhöhung des Mietzinses führen?
Ja, wenn der Zinssatz steigt, können Vermieter darauf abgestützt die Mieten um 3 Prozent erhöhen. Allerdings nur dann, wenn der Mietvertrag auf dem aktuellen Referenzzinssatz von 1,25 Prozent beruht.

5. Können Mieter aufgrund des Referenzzinssatzes tiefere Mieten verlangen?
Ja, das können sie, wenn der Referenzzinssatz sinkt. Wer schon mehrere Jahre in derselben Wohnung lebt und bisher nie eine Mietzinssenkung beantragt hat, der kann sogar geltend machen, dass der Referenzzinssatz im Laufe der Zeit mehrfach gesunken ist. Eine Senkung des Referenzzinssatzes um 0,25 Prozentpunkte entspricht einer Senkung des Mietzinses um rund 2,9 Prozent. Allerdings haben die Vermieter die Möglichkeit, Mietzinssenkungen aufgrund des Hypothekarzinses mit gestiegenen Betriebs- und Unterhaltskosten der Liegenschaft zu verrechnen. Gewisse Vermieter gewähren Mietzinssenkungen von sich aus automatisch.

6. Wie wird der Zinssatz eigentlich berechnet?
Der Referenzzinssatz entspricht dem volumengewichteten durchschnittlichen Zinssatz aller Hypothekarforderungen von Schweizer Banken. Ausgerechnet wird der Satz von der Schweizerischen Nationalbank im Auftrag des Bundesamtes für Wohnungswesen. Die Banken müssen der Nationalbank dafür die notwendigen Daten zur Verfügung stellen. Der aus den Berechnungen resultierende Durchschnittssatz wird danach auf ein Viertelprozent auf- oder abgerundet. Dorothea Vollenweider

1. Was ist eigentlich ein hypothekarischer Referenzzinssatz?
Der Referenzzinssatz ist eine der Richtgrössen für die Wohnungsmieten. Durch ihn können Veränderungen des Hypothekarzinsniveaus auf die Mieter übertragen werden. Der Referenzzinssatz bildet also die Kosten ab, die dem Hauseigentümer zur Finanzierung einer Liegenschaft entstehen.

2. Wofür braucht es den Referenzzinssatz?
Er ist massgebend für die Mieten der meisten Mietwohnungen – ausgeschlossen sind beispielsweise Genossenschaftswohnungen, deren Mietzinse einer staatlichen Kontrolle unterliegen.

3. Wann wurde der Referenzzinssatz eingeführt?
Der Referenzzinssatz wurde 2008 eingeführt. Ziel war es, die Mietzinsgestaltung landesweit zu harmonisieren. Seit seinem Bestehen ist er von 3,5 auf 1,25 Prozent gesunken. Im Juni 2023 gab es nun die erste Erhöhung auf 1,5 Prozent seit der Einführung.

4. Kann eine Veränderung des Referenzzinssatzes zu einer Erhöhung des Mietzinses führen?
Ja, wenn der Zinssatz steigt, können Vermieter darauf abgestützt die Mieten um 3 Prozent erhöhen. Allerdings nur dann, wenn der Mietvertrag auf dem aktuellen Referenzzinssatz von 1,25 Prozent beruht.

5. Können Mieter aufgrund des Referenzzinssatzes tiefere Mieten verlangen?
Ja, das können sie, wenn der Referenzzinssatz sinkt. Wer schon mehrere Jahre in derselben Wohnung lebt und bisher nie eine Mietzinssenkung beantragt hat, der kann sogar geltend machen, dass der Referenzzinssatz im Laufe der Zeit mehrfach gesunken ist. Eine Senkung des Referenzzinssatzes um 0,25 Prozentpunkte entspricht einer Senkung des Mietzinses um rund 2,9 Prozent. Allerdings haben die Vermieter die Möglichkeit, Mietzinssenkungen aufgrund des Hypothekarzinses mit gestiegenen Betriebs- und Unterhaltskosten der Liegenschaft zu verrechnen. Gewisse Vermieter gewähren Mietzinssenkungen von sich aus automatisch.

6. Wie wird der Zinssatz eigentlich berechnet?
Der Referenzzinssatz entspricht dem volumengewichteten durchschnittlichen Zinssatz aller Hypothekarforderungen von Schweizer Banken. Ausgerechnet wird der Satz von der Schweizerischen Nationalbank im Auftrag des Bundesamtes für Wohnungswesen. Die Banken müssen der Nationalbank dafür die notwendigen Daten zur Verfügung stellen. Der aus den Berechnungen resultierende Durchschnittssatz wird danach auf ein Viertelprozent auf- oder abgerundet. Dorothea Vollenweider

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