Darum gehts
- Stuttgart legt erstmals seit 2009 defizitären Haushalt vor. Steuern werden erhöht
- Trotz Sparkurs plant Stuttgart ein beleuchtetes Schild als touristischen Selfie-Spot
- Kita-Gebühren steigen um bis zu 100 Euro pro Monat für Kinder unter drei
Stuttgart galt lange als der Inbegriff des deutschen Wohlstands. Reicher Süden, starke Wirtschaft, Automobilstadt dank Porsche und Mercedes. Doch dieses Selbstbild bekommt nun Risse. Denn erstmals seit der Finanzkrise 2009 legt die Stadt einen defizitären Haushalt vor, wie unter anderem die «Stuttgarter Zeitung» berichtet. Die Kasse sei leer, die Liquidität liege bei null – und ab dem kommenden Jahr müsse Stuttgart gar wieder Kredite aufnehmen. «Bis 2028 rechnet die Stadt mit neuen Schulden von insgesamt 2,8 Milliarden Euro», heisst es.
Die Konsequenzen werden die Einwohnerinnen und Einwohner bereits 2026 zu spüren bekommen. Nach 12 Stunden Budgetdebatte ist klar: Die Steuern werden erhöht – etwa die Gewerbe- und die Hundesteuer. Aber auch das Parkieren wird teurer, Vereine müssen mit weniger finanzieller Unterstützung auskommen und Sanierungen werden aufgeschoben.
Neues Stuttgart-Sign für Touristen
Zum ersten Mal seit zehn Jahren steigen auch die Kita-Gebühren – teils um bis zu 100 Euro pro Monat. Vor allem die Betreuung von Kindern unter drei Jahren wird deutlich teurer. Kritiker warnen, dass sich junge Familien das Angebot künftig kaum noch leisten können. Deshalb gab es diese Woche auch Proteste vor dem Parlament.
Besonders kurios: Trotz heftigem Sparkurs leistet sich die Regierung ein grosses, beleuchtetes «Stuttgart»-Schild auf dem Marktplatz. Drei Meter hohe LED-Buchstaben, gedacht als «touristischer Selfie-Spot». Kostenpunkt: rund 470’000 Euro. Finanziert werden soll das sogenannte «Stuttgart-Sign» über einen städtischen Zuschuss, umgesetzt von der Stuttgart-Marketing GmbH.
Hollywood-Abklatsch?
Beschlossen wurde das Projekt im Gemeinderat mit äusserst knapper Mehrheit: 30 Stimmen dafür, 27 dagegen, drei Enthaltungen. Befürworter argumentierten, man wolle Touristen ermöglichen, sich «attraktiv in Szene zu setzen». Dabei soll es nicht um einen Abklatsch des berühmten Hollywood-Signs von Los Angeles gehen, sondern um eine eigene, kreative Umsetzung im Stil von Stuttgart. So zumindest verteidigten die Befürworter das Projekt.
Die Gegner sprachen von reiner «Instagramability». Also dass es nur darum gehe, die Stadt Stuttgart tauglich für Instagram-Fotos zu machen. In der Presse wird das Thema ebenfalls heiss diskutiert. «Focus.de» meint, eine «ganze Stadt dreht durch». Und in der «Stuttgarter Zeitung» war die Rede von einer «Schnapsidee».