Mega-Abschreiber
Knall bei Kantonalbank – 100 Millionen sind futsch, Chefs gehen

Dunkle Wolken über der Basellandschaftlichen Kantonalbank: Sie muss auf ihrer Neobank-Tochter Radicant 105,5 Millionen Franken abschreiben. Und gleichzeitig gehen die Chefs von Bord – inklusive BLKB-CEO John Häfelfinger.
Publiziert: 10:14 Uhr
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Aktualisiert: 16:01 Uhr
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Die Basellandschaftliche Kantonalbank muss auf ihrer Tochter Radicant einen Millionen-Abschreiber vornehmen.
Foto: Facebook

Darum gehts

  • Radicant-Debakel: BLKB schreibt 105,5 Millionen Franken ab, drei Führungskräfte gehen
  • Integrationsprobleme im Treuhandgeschäft und zu hohe Kostenbasis führen zu Abschreibung
  • BLKB-CEO John Häfelfinger verlässt die Bank Ende März 2026
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Eigentlich sollte die Zürcher Digitalbank Radicant bis Ende 2028 profitabel werden. Doch davon ist die Neobank meilenweit entfernt. Sogar das Kantonsparlament von Baselland beschäftigte sich Anfang Juni mit ihr, ein Interpellant machte sich Sorgen um den Zustand von Radicant – zurecht, wie sich jetzt herausstellt.

Denn die Basellandschaftliche Kantonalbank (BLKB) muss auf ihrer Tochter Radicant einen Mega-Abschreiber von 105,5 Millionen Franken vornehmen, wie die Bank am Donnerstag ankündigt. «Unvorhergesehene Problemstellungen bei der Integration des Treuhandgeschäfts» und eine «zu hohe Kostenbasis» nennt die BLKB in ihrer Mitteilung als Grund für den drastischen Schritt.

Drei Bankenchefs springen ab

Das Radicant-Debakel zieht nun personelle Veränderungen nach sich. Denn gleichzeitig haben drei Führungskräfte aus der obersten Chefetage ihren Abgang angekündigt. BLKB-CEO John Häfelfinger (53), geht per Ende März 2026. Bereits Ende Jahr verabschiedet sich Radicant-Präsident Marco Primavesi (66). Der Dritte im Bunde ist Thomas Schneider (61), der seit August 2018 als Präsident des Bankrats amtet. Er stellt seinen Posten per Mitte 2026 zur Verfügung.

Für Branchenkenner kommt der Knall bei der BKLB nicht überraschend. «Es war von Anfang an klar, dass Radicant nie profitabel werden kann. Dafür waren die Kosten viel zu hoch», sagt ein Fintech-Unternehmer. Das Problem sei gewesen, dass Radicant alles selber entwickeln und aufbauen wollte, anstatt wie andere Neobanken auf bewährte Lösungen etwa beim Kernbankensystem zu setzen. Zudem sei der Markteintritt zu spät erfolgt, andere Neobanken hätten bereits viele digitalafine Kunden angezogen.

Das Ausmass des Ausmistens in der Teppichetage hat selbst den Branchenkenner überrascht: «Das ist superdramatisch, dass eine kleine Kantonalbank gleich drei Topmanager austauscht.»

Nachfolger sind noch keine bekannt. Insbesondere für die CEO-Position will die BLKB möglichst schnell einen Namen präsentieren können. Den Prozess zur Neubesetzung starte man noch in diesem Sommer, heisst es. Einfach dürfte das nicht werden: Häfelfinger gilt als umsichtiger Banker. Er hat die BLKB entstaubt und zu einer modernen Bank umgemodelt. Krawatten, Ränge und Höflichkeitsfloskeln hat er abgeschafft. Jetzt ist er über die Expansionspläne mit Radicant gestolpert.

Bereits 2023 gab es einen Abschreiber

Im letzten Oktober hatte Radicant noch die kosovarisch-schweizerische Treuhand-Fintech Numarics übernommen. Und genau in diesem Bereich hat die Neobank nun Probleme. Die BLKB spricht von «Verzögerungen bei der Integration». Die Folge: tiefere Kundenzahlen, geringere Erträge und höhere Kosten im Treuhandgeschäft. Nun sollen «einschneidende Massnahmen» folgen – mit einem umfangreichen Kostenreduktions- und Effizienzprogramm. Konkretes gibt die Kantonalbank dazu nicht bekannt.

Klar ist aber: Die BLKB ist nicht bereit, ihrer Tochter Radicant noch mehr Geld nachzuwerfen. Bereits 2023 musste sie 22 Millionen Franken abschreiben. Und jetzt sind es über 100 Millionen Franken. Ein teures Unterfangen für ein Geschäft, das bloss rote Zahlen schreibt. Neu strebt die Kantonalbank an, dass Radicant 2029 profitabel ist.

Immerhin: Die Anpassungen in dieser Form seien richtig, auch wenn der Fintech-Unternehmer sagt: «Man hätte die Reissleine schon vor zwei Jahren ziehen müssen!»

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