Es ist ruhig an diesem Morgen, kurz nach sieben Uhr in der Palliativabteilung im Spital Bülach ZH. Aus einem Zimmer hört man leise Volksmusik. Sonst nichts. Ein Grossteil der Patienten schläft noch. Manuela Hitz (33) legt die Medikamente für die drei Patienten bereit, um die sie sich während ihrer Schicht kümmert. Menschen, deren Körper und Geist sich zwischen Leben und Tod bewegen. Mal näher bei diesem, mal näher bei jenem. Alle sind sie unheilbar krank.
Hitz geht zu Erich Tropper (87) ins Zimmer, fragt ihn, wie er geschlafen hat, ob er Schmerzen und Hunger habe. Und ob er im Rollstuhl am Tisch essen wolle. Sie spricht ruhig, hält ihm die Hand. Ihre Fragen beantwortet er mit Kopfnicken. Und sagt dann: «Läck, händ Sie chalti Händ!»
«Seither lebe ich bewusster»
Bei Hanny Keller (75) im Nebenzimmer kontrolliert Hitz die Morphium-Infusion. Keller teilt ihr Bett mit drei Stofftieren. «Die hat mir meine Enkelin geschenkt», erzählt sie. «Das ist unser kleiner Zoo. Die Tiere sollen mir Glück bringen.» Dann bietet sie Hitz ein Stück Konfibrot zum Zmorge an. «Ihre Mutter hat bestimmt auch so kleine Stückli gemacht, als sie klein waren, oder?»
Seit zehn Jahren arbeitet Manuela Hitz im Spital Bülach, seit sechs mehrheitlich in der Palliativpflege. «Seither lebe ich bewusster», sagt die Mutter zweier Kinder (2 und 6). Ihre Familie gebe ihr Kraft. «Wenn ich nach der Arbeit mit meinen Kindern spiele, kann ich sehr gut abschalten», sagt sie. «Dann hab ich eine komplett andere Rolle.» Das sei wichtig. «Man muss lernen, sich abzugrenzen», so Hitz.
Bei der palliativen Pflege geht es in erster Linie darum, die Schmerzen des Patienten bei schwersten Krankheiten zu lindern. Palliative Pflege kommt dann zum Zug, wenn es nicht mehr in erster Linie um die Heilung geht, sondern darum, dem Kranken die Lebensqualität zu erhalten. Er soll ein stabiles Betreuungsnetz bekommen, das ihm ein selbstbestimmtes Lebensende ermöglicht. Dabei soll das Sterben aber als natürliches Ereignis akzeptiert werden.
«Es geht um die Abwägung zwischen dem medizinisch Machbaren und dem menschlich Sinnvollen», erklärt Nic Zerkiebel (46), Chefarzt Innere Medizin am Spital Bülach. In einer ersten Phase geht es darum, die Symptome wie starke Schmerzen zu bekämpfen oder Ängste vor dem Tod zu nehmen.
Auch die Angehörigen begleiten
Danach steht im Zentrum, wie es mit dem Patienten weitergeht. Kann er zurück nach Hause? Oder wäre ein Aufenthalt in einem Pflegeheim sinnvoller? «In dieser Phase unterstützen und begleiten wir auch die Angehörigen», sagt Zerkiebel. Für ihn ist klar: Weil es immer mehr ältere Menschen gibt, gehört palliative Pflege auch ins Angebot eines mittelgrossen Akutspitals wie Bülach mit einem Einzugsgebiet von 180'000 Menschen und 11'000 stationären Patienten pro Jahr.
«Viele Angehörige und die Patienten sind in solch belastenden Situationen froh, wenn sie in ihrer Nähe professionelle Hilfe erhalten.» 2017 betreute das Spital Bülach 150 Palliativpatienten. Die Hälfte davon ist aber nicht im Krankenhaus gestorben, sondern zu Hause oder in einem Pflegeheim. Die Palliativabteilung im Spital hat zehn Betten. Zwölf Pflegefachpersonen und ein bereichsübergreifendes Team sind rund um die Uhr in der palliativen Pflege tätig.
Bei der palliativen Pflege geht es in erster Linie darum, die Schmerzen des Patienten bei schwersten Krankheiten zu lindern. Palliative Pflege kommt dann zum Zug, wenn es nicht mehr in erster Linie um die Heilung geht, sondern darum, dem Kranken die Lebensqualität zu erhalten. Er soll ein stabiles Betreuungsnetz bekommen, das ihm ein selbstbestimmtes Lebensende ermöglicht. Dabei soll das Sterben aber als natürliches Ereignis akzeptiert werden.
«Es geht um die Abwägung zwischen dem medizinisch Machbaren und dem menschlich Sinnvollen», erklärt Nic Zerkiebel (46), Chefarzt Innere Medizin am Spital Bülach. In einer ersten Phase geht es darum, die Symptome wie starke Schmerzen zu bekämpfen oder Ängste vor dem Tod zu nehmen.
Auch die Angehörigen begleiten
Danach steht im Zentrum, wie es mit dem Patienten weitergeht. Kann er zurück nach Hause? Oder wäre ein Aufenthalt in einem Pflegeheim sinnvoller? «In dieser Phase unterstützen und begleiten wir auch die Angehörigen», sagt Zerkiebel. Für ihn ist klar: Weil es immer mehr ältere Menschen gibt, gehört palliative Pflege auch ins Angebot eines mittelgrossen Akutspitals wie Bülach mit einem Einzugsgebiet von 180'000 Menschen und 11'000 stationären Patienten pro Jahr.
«Viele Angehörige und die Patienten sind in solch belastenden Situationen froh, wenn sie in ihrer Nähe professionelle Hilfe erhalten.» 2017 betreute das Spital Bülach 150 Palliativpatienten. Die Hälfte davon ist aber nicht im Krankenhaus gestorben, sondern zu Hause oder in einem Pflegeheim. Die Palliativabteilung im Spital hat zehn Betten. Zwölf Pflegefachpersonen und ein bereichsübergreifendes Team sind rund um die Uhr in der palliativen Pflege tätig.
«Ich stehe mitten im Leben»
Belastendes müsse man möglichst «im Spital lassen» oder dort verarbeiten. «Wir sind ein gutes Team, sprechen miteinander über das, was wir erleben.» Etwa wenn jüngere Patienten sterben, die noch kleine Kinder haben. Oder wenn jemand stirbt, zu dem man einen besonders guten Draht hatte.
Ob sie selber Angst habe vor dem Tod? Hitz denkt einen Moment lang nach. «Nein», sagt sie dann bestimmt. «Vor dem Tod an sich habe ich keine Angst. Ich stehe mitten im Leben und weiss zum Glück nicht, woran ich einmal sterben werde. Ich hoffe nur, dass ich nicht leiden muss, wenn es einmal so weit ist.»
Dann schaut sie bei Werner Schaltegger (79) vorbei. Er klagt über Schmerzen, will nichts essen. Erst als er über seine Zeit als Eishockey-Torhüter spricht, blüht er auf. Erzählt von den Erfolgen mit dem SC Küsnacht, «vor Tausenden begeisterten Zuschauern!». Von den weiten Reisen per Zug. Und dass er als einer der ersten Schweizer eine extra aus Kanada importierte Goaliemaske getragen habe. «En cheibe Seich!» Erst als er sie selber mit Schaumstoff versehen habe, sei die Maske bequem gewesen.
Den Willen des Patienten respektieren
Kurz vor dem Mittag dann die Arztvisite. Hitz erklärt Nic Zerkiebel (46), Chefarzt Innere Medizin, wie es den Patienten geht. Dann betreten sie gemeinsam das Zimmer. Einer der Patienten will im Bett bleiben. Er hat keine Kraft aufzustehen und will nicht auf die Waage. «Wenn er lieber liegen bleiben will, dann respektieren wir das. Und versuchen es morgen noch einmal», sagt Hitz.
Ein anderer Patient möchte den Flieger nach New York erreichen. Und hat eigentlich gar keine Zeit für das Gespräch mit dem Arzt. Der hört ihm lange zu. Und erklärt ihm dann bestimmt und liebevoll zugleich, dass er ihm in seinem Zustand von einer so weiten Reise abrate. Und dass er am nächsten Tag in ein Pflegeheim verlegt wird.
«Es gibt Menschen, die allein gehen wollen»
Was treibt einen an, diese Arbeit Tag für Tag zu verrichten? «Ich möchte, dass meine Patienten so wenig Beschwerden haben wie möglich», sagt Hitz. Zudem sollen sie spüren, dass immer jemand für sie da ist. Aber: «Es gibt Menschen, die allein gehen wollen», weiss Hitz.
Andere sind froh, wenn sie ihren Ehepartner nachts an ihrer Seite haben. «Und dann gibt es Menschen, deren Tod richtiggehend zelebriert wird, die fast immer Besuch haben. Wir versuchen, auf all diese Bedürfnisse einzugehen.» Eines weiss Hitz aber dank ihrer langjährigen Erfahrung: «Die meisten Menschen sterben dann doch allein, etwa wenn die Familie nur schnell eine halbe Stunde in der Cafeteria ist.»
«Dann kann ich mit einem guten Gefühl gehen»
Nach dem Mittagessen ist sie wieder da, diese Ruhe. Wie am Morgen – nur Volksmusik hört man keine mehr. «Die Patienten sind nach Waschen, Physiotherapie und Arztvisite müde und wollen schlafen», sagt Hitz. Diese Zeit nutzt sie für den «Bürokram», wie sie es nennt, und lacht dabei.
Am Computer trägt sie ein, was sie mit welchem Patienten gemacht, welche Medikamente sie verabreicht hat und ob etwas Besonderes vorgefallen ist. «Je nach Tag und Zahl der Patienten, die ich betreue, brauche ich dazu eine bis zwei Stunden.»
Um 15 Uhr setzt sich Hitz mit dem Spätdienst zusammen. Sie erklärt, wie sie den Tag mit ihren Patienten erlebt hat. Wie es wem geht. Dann schaut sie noch einmal bei jedem Patienten vorbei, verabschiedet sich. «Es ist mir wichtig, zu wissen, dass sie alles haben, was sie brauchen. Dann kann ich mit einem guten Gefühl gehen.», sagt Hitz und macht sich auf den Heimweg. In eine andere Welt.
Lesen Sie morgen: «Am meisten stinken die Fettklumpen der Kanalisation» – ein Kanalreiniger rückt aus, wenn eine Leitung verstopft ist.
Kaum jemand dankt ihnen dafür – den stillen Heldinnen und Helden der Arbeit: Sie putzen die Autobahn-Toiletten, reinigen verstopfte Kanäle, umsorgen schwer kranke Menschen. Jobs, um welche die wenigsten beneidet werden.
Natürlich gibt es auch andere unglamouröse Jobs. Viele Arbeitnehmer haben manchmal das Gefühl, ihre Tätigkeit habe mehr Schatten- als Sonnenseiten. Aber es gibt Berufe, die besondere Dankbarkeit verdient haben.
Stellvertretend für diese hat BLICK fünf Berufsleute besucht und stellt sie diese Woche vor. Danke, dass Sie diesen Job machen!
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