Lufthansa-Konzernchef Carsten Spohr (52) warnt in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» vor weiteren Einschränkungen des Flugbetriebs in Zürich. Der Flughafen Zürich wird seit der Übernahme der Swiss durch die Lufthansa als «Schweizer Drehkreuz» weitergenutzt. Doch für wie lange noch, das steht in den Sternen. Spohr spricht es nicht laut aus, doch für Schweizer Langstrecken-Passagiere wären dann die Lufthansa-Hubs Frankfurt und München eine Alternative.
Aus Zürich heraus bieten Swiss und Edelweiss dank dem Hub-System mit seinen abgestimmten Zubringerwellen derzeit 45 Interkontinental-Destinationen an. Die abendlichen Startbeschränkungen könnten für dieses System jedoch «existenzielle Probleme» bedeuten, so Spohr: «Besonders eine Vorverlegung der Starts und Landungen spätabends um bis zu 25 Minuten, wie zurzeit diskutiert, würde den Hub-Betrieb in existenzielle Probleme bringen.»
Ohne Hub-Betrieb werde sich Zürich mit weniger als zehn Langstreckenzielen zufrieden geben müssen, sagt der Lufthansa-CEO, der die Entwicklung des Langstrecken-Hubs Zürich «mit grosser Sorge» beobachte: «Es kommen immer mehr Restriktionen und perspektivisch auch neue Gebühren dazu. Die Massnahmen scheinen einzeln jeweils verkraftbar, aber in der Summe sind sie mehr als gefährlich.»
Hub Zürich bedeutet auch Klimavorteile
Die Swiss ist zwar die profitabelste Airline in der ganzen Lufthansa-Gruppe. Wenn aber das ganze Netzwerk gefährdet sei, wäre dies auch für die Volkswirtschaft der Schweiz fatal, warnt Spohr: «Ohne das Hub-System müsste Zürich sich mit einer einstelligen Zahl an Langstrecken bescheiden, selbst wenn die neuesten kleinen Langstreckenflugzeuge zum Einsatz kämen.»
Der Lufthansa-Chef kritisiert zudem den Wildwuchs bei Passagiersteuern. Diese seien nicht wettbewerbsneutral und «das Klima schützen wir damit nicht», so Spohr. Auch den Kampf der Billigairlines um Marktanteile sieht er kritisch: «Wettbewerber arbeiten tatsächlich teilweise mit Preisen pro Flug unter 10 Euro. Das ist ökonomisch, ökologisch und auch politisch unverantwortlich.»
Dabei scheint Spohr zu übersehen, gerade wenn Zürich nicht mehr als Hub dienen würde, müssten Passagiere Umwege fliegen, wenn sie Langstreckenziele zum Beispiel über die Lufthansa-Hubs München oder Frankfurt zu erreichen haben. Das würde auch den Kerosin-Verbrauch in die Höhe schnellen lassen. (kes)