Linke sauer nach Gutachten von deutschem Starökonom
Die Schweiz muss schwächer werden!

Wie soll die Schweiz auf den Frankenschock reagieren? Das wollte die SP vom deutschen Starökonomen Heiner Flassbeck (65) wissen. Die Antwort: Die Schweiz muss ihre Wettbewerbsfähigkeit schwächen. Führende Linke schütteln den Kopf.
Publiziert: 26.05.2016 um 21:08 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:46 Uhr
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Streitbarer Ökonom: Heiner Flassbeck empfiehlt der Schweiz weniger Wettbewerbsfähigkeit.
Foto: KEYSTONE/Martial Trezzini
Guido Schätti

Seit dem Ende des Mindestkurses ist für Gewerkschafter und die meisten Linken klar: Die Nationalbank hat mit der Aufhebung der Euro-Untergrenze einen kapitalen Fehler begangen, denn damit machte sie den Weg frei für eine krasse Überbewertung des Frankens.

Der linke deutsche Ökonom Heiner Flassbeck (65) sieht das anders: Die Schweiz gehöre zu den Ländern, «bei denen eine Aufwertung absolut gerechtfertigt ist», schreibt der frühere Schröder-Berater in einem Gutachten. Brisant daran: Flassbeck verfasste das Gutachten für die SP Schweiz. Diese wollte von ihm wissen, wie die Schweiz auf den Frankenschock reagieren soll.

Schweiz lebt auf Kosten des Auslandes

Wie die übrigen Linken und Gewerkschaften lässt Flassbeck zwar kein gutes Haar an der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und wirft den Währungshütern ideologischen Starrsinn vor. Von einer Überbewertung des Frankens könne aber keine Rede sein, so Flassbeck. Die Schweiz zahle vielmehr den Preis dafür, dass sie sich in der Vergangenheit auf Kosten anderer Länder gesund gestossen habe.

Ähnlich wie Deutschland habe sich die Schweiz mit einer «merkantilistischen Strategie» ungebührliche Vorteile gegenüber Defizitländern wie Frankreich verschafft. Konkret kritisiert er ungenügende Lohnerhöhungen und die staatliche Schuldenbremse. Als Korrektur reiche die Frankenaufwertung allein nicht, so Flassbeck. Die Schweiz müsse auch die Löhne drastisch erhöhen, der Staat mehr Schulden machen, fordert er. 

Linke widersprechen Flassbeck

Damit steht er ziemlich quer in der wirtschaftspolitischen Landschaft, wie gestern bereits die NZZ schrieb. Auch Linke sind irritiert. «Ich setze grosse Fragezeichen hinter die Studie», sagt Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB). Der Franken sei klar überbewertet. Flassbecks Kritik an den Schweizer Handelsüberschüssen sei überzogen: «Die Überschüsse sind künstlich aufgebläht, weil die Schweizer Pharmaindustrie ihre Preise konzernintern optimiert», so Lampart. Ohne diese Verzerrungen wären die Überschüsse weit weniger gross.

Auch SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger-Oberholzer ist skeptisch: «Ich teile die empfohlene Strategie in Bezug auf den Franken nicht», sagt die Präsidentin der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK). Der Franken sei - gemessen an der Kaufkraft - klar überbewertet. «Die Schweiz braucht einen vernünftigen Frankenkurs, am einfachsten geht das mit einem neuen Mindestkurs», sagt sie. «Flassbeck ist zu weit weg von der Schweizer Realität.» Denn beim Wirtschaftswachstum liege die Schweiz mittlerweile hinter Baden-Württemberg und Bayern zurück. Flassbeck blende zudem die tiefen Unternehmenssteuern in der Schweiz und konzerninterne Optimierungen als Treiber eines starken Franken aus. «Richtig ist die Forderung nach guten Löhnen und nach einem sauberen Finanzplatz», sagt sie.

Wermuth verteidigt Flassbeck-Papier

Der Aargauer Nationalrat Cédric Wermuth sieht hingegen keine grossen Differenzen zwischen der offiziellen SP-Linie und Flassbeck. «Wir finden uns bei den Löhnen und bei den Staatsausgaben», sagt er. Um die Kaufkraft zu stärken, seien höhere Löhne unabdingbar. Und die vom Bundesrat verfolgte Sparpolitik sei im heutigen Umfeld fehl am Platz. Einig ist er sich mit Flassbeck auch bei der Kritik am Alleingang der Notenbank: «Es braucht eine Koordination zwischen dem Bundesrat und der Nationalbank.»

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