Linke nehmen sich Frankreich als Vorbild
Mail-Verbot nach Feierabend!

Viele Schweizer lesen in der Freizeit berufliche Nachrichten und sind für ihren Arbeitgeber erreichbar. Frankreich will dem per Gesetz einen Riegel schieben. Hiesige Linke finden das eine gute Idee.
Publiziert: 17.05.2016 um 20:24 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 15:43 Uhr
Laut einer Umfrage lesen 58 Prozent der Schweizer noch Geschäftsmails ausserhalb der Arbeitszeit.
Foto: Getty/Christoph Wilhelm
Onur Ogul

Feierabend ist schon längst nicht mehr dann, wenn die Sirene heult. Schweizer lesen Mails und nehmen Telefonate entgegen, selbst wenn sie nicht mehr am Arbeitsplatz sind. Laut einer Umfrage sind Schweizer darin sogar Spitzenreiter. 58 Prozent geben an, nach Feierabend noch Geschäftsmails zu lesen.

Bei den Franzosen sind es deren nur 37 Prozent. Und trotzdem wollen die Sozialisten um Präsident François Hollande (61) dagegen per Gesetz vorgehen. Im neuen Arbeitsgesetz soll stehen, dass ein Arbeitnehmer ausserhalb der regulären Arbeitszeit nicht mehr erreichbar sein muss. Das Gesetz passierte bereits die erste Kammer, als nächstes diskutiert der Senat darüber. Ziel der Befürworter sei es, die Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen.

Der Weg per Gesetz wäre denkbar

SP-Nationalrat Corrado Pardini will zur Not auch ein Gesetz vorschlagen.
Foto: GAETAN BALLY

Dafür hat SP-Nationalrat und Gewerkschafter Corrado Pardini (50) Verständnis. «Ich begrüsse das Vorhaben in Frankreich. Die Grenze zwischen Arbeitszeit und Freizeit verschwindet immer mehr, und damit auch der Gesundheitsschutz des Arbeitnehmers. Der Unmut in den Belegschaften steigt von Monat zu Monat.»

Pardini fordert klare Spielregeln innerhalb von Firmen. «Doch wenn die Eigenverantwortung der Unternehmen und die Verhandlungen mit den Sozialpartnern innert eines Jahres keine Lösungen bringen, dann werden wir gezwungen sein, den Gesetzesweg zu beschreiten.»

Das Gespräch mit dem Chef suchen

Der Präsident des Arbeitgeberverbands, Valentin Vogt (55), will davon überhaupt nichts wissen. «Nur die wenigsten Mitarbeiter müssen ihre Mails noch nach Feierabend checken. Ich glaube nicht, dass das in der Schweiz ein grosses Problem ist.»

Der Gesetzgeber solle sich hier nicht einmischen. «Es geht hier um die Frage einer Firmenkultur. Das müssen die Unternehmen mit ihren Arbeitnehmern selbständig regeln», sagt Vogt. Die Angestellten müssten vor allem das Gespräch mit ihren Chefs suchen.

Mails nicht Schuld an Burnouts

Dass das funktioniert, zeigen Unternehmen in Amerika und Deutschland. Beispielsweise VW hat den Zugang zu den Mails nach Feierabend für Mitarbeitende gesperrt – nicht aber für Manager. Trotzdem hegt Gewerkschafter Pardini Zweifel. «Arbeitnehmer haben Angst vor Repressionen, wenn sie nicht durchgehend verfügbar sein wollen.»

Pardini weist auf die Pflicht der Arbeitgeber hin, die Gesundheit ihrer Angestellten zu schützen. Dass Geschäftsmails nach Feierabend grösseren Schaden anrichten können, glaubt Vogt jedoch nicht. «Burnouts haben viele Ursachen. Mails nach dem Feierabend sind nicht der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.»

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