Lebensmittel-Gigant Nestlé entdeckt das Lokale, Gesunde, Hippe
Der Grosse setzt aufs Kleine

Mark Schneider steht seit Anfang 2017 an der Nestlé-Spitze. Gestern gab er in London seine Umbaupläne für den grössten Lebensmittelhersteller bekannt. Die Millennials spielen eine wichtige Rolle.
Publiziert: 28.09.2017 um 01:19 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 11:36 Uhr
Blue Bottle Coffee ist in den USA gerade angesagt. Seit neustem gehört die Aktienmehrheit Nestlé.
Foto: Reuters
Ulrich Rotzinger

«Global ist nicht mehr so cool.» Dieser Satz fiel nicht etwa auf einem Wochenmarkt. Die Worte gingen ausgerechnet Mark Schneider (52), Chef von Nestlé, über die Lippen. Sie sorgten erst für Verwunderung, dann für Applaus. Der Anlass war ein Investorentreffen gestern in London.

Schneider führt seit Anfang 2017 den weltgrössten Lebensmittelverkäufer im beschaulichen Vevey VD am Genfersee. Ein Konzern mit einem Börsenwert von 256 Milliarden Franken, 328’000 Angestellten rund um den Globus und über 2000 Marken im Angebot.

Mit einem Jahresumsatz von fast 90 Milliarden Franken ist Nestlé ein Gigant. Doch weil sich die Kunden immer gesundheitsbewusster ernähren, kommt der Konzern unter Druck. Das Kerngeschäft besteht aus Mineralwasser, Kaffee, Heimtierfutter, Säuglingsnahrung sowie Süsswaren und Tiefkühlprodukten.

Weg mit den Dickmachern

Schneider will nun Dickmacher über Bord werfen und hippe Produkte ins Boot holen – für die Millennials, jene Generation, die um die Jahrtausendwende ins Arbeitsleben eingetreten ist. «Wir werden wachsen, indem wir den Konsumtrends voraus sind und Marken und Produkte anbieten, die die sich wandelnden Bedürfnisse der Menschen befriedigen», so Schneider. 

Will vermehrt mit regionalen und gesunden Produkten punkten: Nestlé-CEO Mark Schneider.
Foto: Keystone

Diese Millennials seien sogar bereit, mehr für Getränke und Lebensmittel zu zahlen. Das habe es noch nie gegeben. «Alles, was mit Gesundheit zu tun hat, ist den Millennials viel wichtiger als früheren Generationen», schwärmt Schneider.

Bei dieser kaufkräftigen Generation seien globale Erzeugnisse nicht mehr so begehrt. «Ihr Interesse richtet sich vermehrt auf regionale Produkte.» Zudem müsse das Produkt auf die neuen Kunden sympathisch wirken.

Kaufkräftige Millennials, satte Margen

Laut Schneider sind die Wachstumsaussichten bei gesunden Produkten 1,8-mal höher als bei herkömmlichen, die Profitabilität sei um das Eineinhalbfache erhöht. Vor diesem Hintergrund machen jüngste Übernahmen und Zukäufe Sinn. 

So folgte Nestlé zuletzt den Jungen – etwa mit dem Kauf der Mehrheit des Hipster-Kaffee-Start-ups Blue Bottle Coffee in den USA. Kostenpunkt: 410 Millionen Franken. Der Kaffee ist nachhaltig produziert, kann per Online-Abo bestellt werden und ist bei Hipstern in Los Angeles und New York beliebt. Weg von Süssigkeiten zielt der Kauf von Sweet Earth, einem US-Hersteller von vegetarischen Burgern. Oder die Übernahme des Start-ups Freshly, einem Lebensmittellieferdienst mit Abo-Modell und Internetverkauf. 

Investitionen wie diese bedeuten Frische fürs Produkte-Portfolio und höhere Margen für den Konzern. Das hat Schneider den Anlegern gestern begreiflich gemacht. Die Aktie kletterte jedenfalls um satte zwei Prozent, und das in einem schwachen Gesamtmarkt. 

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