Der neuste Skandal um falsche Bio-Eier überrascht Sie wohl wenig, Sie haben ja schon vor drei Jahren über den «Bio-Bluff» geschrieben.
Ja, es ist schon länger bekannt, dass die Hühner-Branche eher zu kriminellem Handeln neigt. Leider sucht man oft vergeblich nach Verantwortlichen. Eigentlich sind jene die Betrüger, die uns die Ware verkaufen. Aber man kann ihnen nie einen Vorsatz nachweisen. Die Lieferketten sind stets undurchsichtig.
Braucht es mehr Kontrollen?
Es ist müssig, das zu fordern, weil ohnehin nichts passiert. In Deutschland sind die Kontrollstrukturen völlig unangemessen. Und die Betrüger sind international organisiert. Jeder Skandal zeigt aufs Neue, dass es kein Interesse für Veränderung gibt. Für mich ist das sowieso eine Verschwendung der Lebenszeit. Die nutze ich lieber, um die Hühner zu besuchen, die mir die Eier liefern.
Leider kann sich das nicht jeder Konsument leisten, der auf Nachhaltigkeit und Tierwohl setzt.
Ja, eigentlich sollten wir auf die Strukturen der Nahrungsmittelindustrie vertrauen können. Aber das ist eben schwierig. Ich habe einmal Aldi-Eier bis nach Holland zurückverfolgt und fand den Betrieb dort ganz o.k. Aber ob alle Aldi-Eier so gut sind, ist damit ja nicht bewiesen. Aldi wollte auf meine Frage auch keine Antwort geben, aus Prinzip. Transparenz gibts da nicht.
Wie schätzen Sie die Glaubwürdigkeit der Schweizer Lebensmittelbranche ein?
Normalerweise ist in der Schweiz immer alles eine Spur besser, weil sie kleiner und das Bewusstsein für die Qualität generell höher ist. Im Detailhandel ist eben auch die Konzentration viel stärker, weil sie zwei sehr grosse Lieferanten haben. In der Schweiz wurde zudem die Käfighaltung viele Jahre vor Deutschland verboten.
Empfehlen Sie den Schweizer Detailhändlern und der Gastronomie, keine Bio-Produkte mehr aus Deutschland zu importieren?Nein, nicht wenn Sie den Produzenten beispielsweise in Südbaden kennen und ihm in die Augen schauen können. Darum geht es. Ich würde niemals den deutschen Eierbaronen vertrauen. Allerdings brauchen Grosskonzerne und Produzenten halt alles in grossen Mengen. Sie müssen fast bei den Eierbaronen einkaufen. 60 Prozent der deutschen Bio-Eier stammen von zwei Unternehmen.
Wie können sich die ehrlichen Bio-Bauern vor dem Image-Schaden schützen?
Die kleinen Bio-Betriebe gehen aus den Skandalen immer gestärkt hervor. Denn ihre Kunden vertrauen ihnen. Auch ich vertraue meinem Demeter-Bauer, dem ich die Eier abkaufe. Auf der nächsten Ebene wirds halt schwierig, weil man als Verbraucher nichts mehr überblickt.
Müsste man nicht das System mit den vielen Labels radikal vereinfachen?
Natürlich wäre es gut, wenn es nur noch ein einziges Label gäbe. Aber es wäre nicht ganz einfach. Das EU-Bio-Label setzt halt sehr niedrige Standards. Der Vorteil von weiteren Labels wie Demeter sind die höheren Standards. Da existiert ein jahrzehntealtes Vertrauen.
Die Verantwortung liegt also beim Verbraucher. Er muss sich selber informieren.
Bei uns in Deutschland ist das den meisten sowieso wurst. Nach einer aktuellen Umfrage ist es 55 Prozent der Männer und 45 Prozent der Frauen völlig egal, ob das Essen gesund ist. Hauptsache lecker. Wenn einem das Essen wichtig ist, muss man sich eben damit beschäftigen, so wie bei den anderen Lebensbereichen auch. Es geht ja auch niemand zum Autohändler und sagt: Ich hätte gerne ein Auto.