So funktioniert ein ETF
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Kurz erklärt:So funktioniert ein ETF

Langfristige Geldanlage
Warum du mit ETFs fürs Alter vorsorgen solltest

Renten sinken, die Lücken wachsen – wer den Lebensstandard halten will, muss selbst vorsorgen. ETFs bieten dafür einen einfachen Einstieg.
Publiziert: 06.10.2025 um 19:26 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2025 um 11:17 Uhr
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Altersvorsorge ist kein Spaziergang – aber mit der Investition in ETFs kann man es sich leichter machen, wie die Daten zeigen. (Symbolbild)
Foto: imago/Westend61

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Nicole Krättli
Beobachter

Viele schieben das Thema Altersvorsorge vor sich her – aus Bequemlichkeit, aus Unsicherheit oder schlicht aus Überforderung. Und dann kommt er doch, der Moment: ein Gespräch mit einer Freundin, ein Blick auf die Rentenzahlen oder ein neuer Lebensabschnitt. Plötzlich wird klar: Das wird eng. Wer im Alter den Lebensstandard halten möchte, muss selber vorsorgen. Und zwar mit System.

Dass das nötig ist, zeigt etwa das VZ-Pensionierungs-Barometer: Seit 2002 sind die Renten aus AHV und Pensionskasse im Durchschnitt um einen Fünftel gesunken. Vor allem die Pensionskassen haben ihre Renten gekürzt und reagieren so auf die steigende Lebenserwartung – das Geld muss schliesslich länger reichen.

So erhält ein Mann mit einem Jahreslohn von 100’000 Franken heute noch rund 52 Prozent seines früheren Einkommens als Rente. 2002 waren es noch 62 Prozent. Bei einem Einkommen von 150’000 Franken sinkt das Rentenniveau gar auf 43 Prozent. Ein Rückgang von 15 Prozentpunkten innert 20 Jahren. Allerdings sind das Modellrechnungen. Die Realität dürfte etwas weniger dramatisch sein, da Pensionskassen Kompensationsmassnahmen ergriffen haben.

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Gemäss dem VZ-Pensionierungs-Barometer 2024 glauben rund 80 Prozent der Schweizer Bevölkerung, sie könnten ihre Pensionierung ohne Probleme finanzieren. Trotz Gegensteuern der Pensionskassen eine gefährliche Fehleinschätzung, denn: «Viele unterschätzen ihre Lebenserwartung und überschätzen ihre eigene finanzielle Kompetenz», weiss Reto Spring, Präsident des Finanzplaner-Verbands Schweiz und unabhängiger Honorarberater. Das Resultat: «Am Ende des Geldes ist noch viel Leben übrig.»

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Teilzeit, tiefe Löhne, Scheidung

Das ist nur die männliche Perspektive. Bei Frauen ist die Lage noch prekärer. «Altersarmut ist weiblich», sagt Stephanie Köllinger, Gründerin der Informationsplattform «Vorsorge Steffi». Die Sozialarbeiterin und Finanzberaterin hat fünf Jahre lang bei Pro Senectute mit älteren Menschen gearbeitet, viele davon mit existenziellen Geldsorgen. «Immer wieder dieselben Geschichten: Teilzeitarbeit, unbezahlte Care-Arbeit, tiefe Löhne, Scheidung und fehlendes Wissen über Geld.»

Umso wichtiger ist es, sich frühzeitig mit dem Thema auseinanderzusetzen – unabhängig vom Geschlecht. Ein einfacher Einstieg: börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs.

Exchange-Traded Funds, kurz ETFs, sind Fonds, die nicht nur in ein einziges, sondern gleich in Dutzende oder Hunderte Unternehmen aus verschiedensten Ländern und Branchen investieren. Diese breite Streuung senkt das Risiko. «ETFs sind günstig, transparent und breit diversifiziert – das macht sie so attraktiv für die Altersvorsorge», sagt Stephanie Köllinger. Für langfristigen Vermögensaufbau seien sie ein ideales Instrument.

Möglichst wenig eingreifen

Wer früh beginnt, profitiert vom Zinseszinseffekt – also davon, dass sich nicht nur das investierte Kapital, sondern auch die Erträge mitverzinsen. Besonders geeignet für den langfristigen Vermögensaufbau ist dabei die Buy-and-hold-Strategie: ein ETF-Portfolio festlegen, monatlich automatisiert einzahlen und dann möglichst wenig eingreifen.

«Der grosse Vorteil passiver Strategien ist nicht nur der tiefe Zeitaufwand, sondern vor allem, dass sie emotionale Fehlentscheidungen verhindern», sagt Stephanie Köllinger. Vielen sei nicht bewusst, wie stark Gefühle wie Angst oder Gier ihr Anlageverhalten beeinflussen. «Wer jeden Monat wieder neu entscheiden muss, ob, wie viel und worin er investiert, trifft häufiger irrationale Entscheide. Und genau das ist der häufigste Grund, warum Menschen an der Börse Geld verlieren.»

Auch Reto Spring plädiert für einen einfachen, prognosefreien Ansatz: «ETFs sind die einzig sinnvolle Wahl, wenn man evidenzbasiert investieren will. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass aktive Trader den Markt langfristig nicht schlagen können.» Auch er bestätigt: «Privatanleger machen mehr Fehler, reagieren emotional und nehmen unnötige Risiken in Kauf. Mit einem breit gestreuten ETF-Portfolio kann man solche Risiken minimieren.»

Gerade beim Einstieg in die Altersvorsorge gilt: Weniger ist oft mehr. Ein einzelner ETF, der den weltweiten Aktienmarkt abbildet, kann bereits eine solide Grundlage sein. Denn ein solcher Welt-ETF bündelt Hunderte von Unternehmen aus verschiedenen Ländern, Branchen und Währungen und sorgt damit für eine breite Streuung. «Für viele reicht das völlig aus», sagt Spring. «Denn mit einem einzigen Produkt ist man global aufgestellt und vermeidet unnötige Komplexität.»

Dennoch sei es wichtig, auch da auf ausreichende Diversifikation zu achten, erklärt Spring weiter. Wer etwa nur in einen ETF auf den Schweizer Leitindex SMI investiert, trägt ein hohes Klumpenrisiko. Denn die fünf grössten Titel machen rund 60 Prozent des Index aus und stammen fast ausschliesslich aus den Branchen Pharma, Finanzwesen und Basiskonsumgüter.

Kosten im Griff haben

Wer sein Portfolio etwas feinjustieren möchte, kann zusätzlich drei bis vier weitere ETFs dazunehmen – etwa einen auf Schwellenländer, um das Wachstumspotenzial stärker zu gewichten, oder einen auf Unternehmensanleihen, um etwas Stabilität und regelmässige Erträge einzubauen. Spring rät aber klar davon ab, das Depot mit zu vielen Bausteinen zu überladen: «Zu viele Positionen führen dazu, dass man das grosse Ganze aus den Augen verliert. Und wer sein Portfolio nicht mehr versteht, trifft am Ende oft falsche Entscheidungen.»

  • Kosten: Die Total Expense Ratio (TER) zeigt, wie viel ein ETF jährlich kostet. Produkte mit weniger als 0,4 Prozent sind langfristig besser.
  • Fondsgrösse: ETFs mit einem Volumen unter 100 Millionen Franken sind stärker gefährdet, geschlossen zu werden. Das bedeutet oft Aufwand und kann steuerlich ungünstig sein.
  • Themen-ETFs: Klingen attraktiv, sind aber oft spekulativ und teuer. Für die Altersvorsorge ist ein breiter Index meist sinnvoller.
  • Währung: ETFs investieren oft in Fremdwährungen. Eine Währungsabsicherung kostet extra. Bei langfristigen Anlagen sei sie wenig sinnvoll, finden beide Experten.

Die Plattform, über die man in ETFs investiert, beeinflusst die langfristige Rendite stark. Die Gebühren variieren und fallen langfristig ins Gewicht.

Bei klassischen Banken sind die Gebühren für ETF-Lösungen oft hoch. «Ich rate davon ab», sagt Köllinger. Digitale Vermögensverwalter wie Viac, Finpension, Inyova, True Wealth, Selma oder Findependent setzen auf automatisierte ETF-Portfolios. Man füllt einen Risikofragebogen aus – danach wird ein passendes Portfolio zusammengestellt. «Das ist ideal für Menschen, die sich nicht laufend mit den Finanzmärkten beschäftigen möchten», so Köllinger.

Einfache Lösungen

Die Verwaltungsgebühren liegen meist unter 0,5 Prozent – günstiger als bei klassischen Banken. Vielfach wird auch automatisches Rebalancing angeboten: Hat ein Fonds durch Wertveränderungen mit der Zeit einen kleineren oder grösseren Anteil am Depot als in der Strategie festgelegt, wird das korrigiert.

Neobanken wie Yuh oder Neon verbinden Bankkonto und ETF-Investment in einer App. «Die Auswahl ist kleiner, aber für viele völlig ausreichend», sagt Köllinger. «Wer es einfach mag und alles an einem Ort haben will, der ist hier gut aufgehoben.» Onlinebroker wie Swissquote oder Saxo bieten maximale Auswahl, aber auch maximale Eigenverantwortung. «Wer über einen Broker investiert, muss alles selbst machen: Auswahl, Gewichtung, Rebalancing, Steuerdokumente», sagt Spring. «Dafür sind die Gebühren tief. Ideal für Fortgeschrittene.»

Egal, wie man sich entscheidet – am wichtigsten ist, überhaupt zu beginnen. Denn wer auf den perfekten Zeitpunkt wartet, wird ihn vermutlich nie erkennen. Kurse schwanken, Gesetze ändern sich. Nur eins ist gewiss: Wer früh mit Vorsorgen beginnt, verschafft sich mehr finanziellen Spielraum.

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