SonntagsBlick: Herr Wälti, seit 26 Jahren sind Sie nun schon Landi-Chef – ein Fenaco-Urgestein!
Heinz Wälti: (Lacht) Sieht man mir die vielen Jahre an? Ich hoffe nicht.
Wie konnten Sie sich so lange an der Spitze halten?
Ich suche eben nicht die grosse Bühne an Gesellschaftsanlässen. Still und leise: Das ist die Überzeugung, mit der ich seit Jahrzehnten erfolgreich arbeite. Genauso wichtig ist auch Kontinuität im Team.
Zum Beispiel?
Unser Einkaufschef ist mehr als 30 Jahre im Amt, der Marketingchef so lange wie ich, der Logistikchef 20 und der Finanzchef 14 Jahre. Merken Sie was?
Eine eingeschworene Truppe. Keine Spur von Langeweile?
Es ist mir bei der Landi noch nie langweilig geworden. Natürlich kracht es auch mal unter Kollegen. Hoffentlich. Aber dafür verstehen wir uns fast blind. Oft braucht es nur ein SMS.
Auch Ihre Mitarbeiter fühlen sich offenbar wohl. Landi wächst Jahr für Jahr ...
In meinem ersten Geschäftsjahr machten wir 23 Millionen Franken Umsatz. 2012 waren es 1,19 Milliarden Franken. Seit 2007 steigerten wir den Umsatz um mehr als 45 Prozent. Wir werden auch in diesem Jahr weiterwachsen. Das wäre das 26. Jahr in Folge.
Erstaunlich! Andere Detailhändler jammern gegenwärtig nur.
Natürlich hatten auch wir das miese Wetter im Frühjahr nicht auf der Rechnung, als wir acht Prozent Umsatzwachstum für das Jahr 2013 budgetierten. Daher überraschen uns die Resultate umso mehr. Nach den ersten sechs Monaten liegen wir beim Umsatz um vier Prozent im Plus. Wenn es Ende Jahr fünf Prozent sind, wäre das ein sehr gutes Resultat. Angepeilt ist ein Ladenumsatz von 1,25 Milliarden Franken.
Mit diesem Wachstum würden Sie die Konkurrenz schlagen.
Wir haben noch keine Erklärung, doch auch beim Gartensortiment liegen wir heute um vier Prozent im Plus. Gartenmöbel sind ausverkauft. Sobald die Sonne hervorschaute, brummten unsere Läden.
Irgendwoher muss der Umsatz ja kommen. Wie viel Bauer steckt denn noch in der Landi?
Bauern machen heute noch sieben Prozent unserer Kundschaft aus. Ihr Umsatzanteil ist aber weit höher. Das Durchschnittsalter unserer Kunden hat sich massiv verringert. Mittlerweile liegt es deutlich unter 40 Jahren. Was uns extrem freut, ist, dass der Kundenanteil aus den Städten kontinuierlich wächst. Besonders spüren wir den Zuwachs um Zürich herum, Bern, Köniz und Zollikofen sowie Luzern.
Warum boomt die Landi geradezu bei den Städtern?
Viele Städter kennen uns seit ihrer Kindheit. Wir schenken den Kunden ein Stück Heimat. Wir haben ein sehr breites und führendes Sortiment an Schweizer Gartenartikeln und können hier sehr gut beraten. Gärtnern ist in den Städten ja der neue Trend. Der günstige Preis spielt auch eine Rolle. Bei Tiernahrung wie auch Getränken schneiden wir im Vergleich mit den Konkurrenten sehr gut ab.
Die Mitbewerber sagen das auch.
Nehmen wir unser Weinsortiment. Dort sind wir drittgrösster Anbieter in der Schweiz. Gerade unsere jüngeren Kunden haben zuletzt wieder stärker zu unseren 53 Schweizer Weinen gegriffen. Die Flasche kostet im Schnitt fünf Franken. Gute Tropfen, das kann ich versichern.
Kommen die neuen Windeln an?
Windeln sind für unser Geschäft interessant geworden. Fr. 8.90 pro Packung sind ein unschlagbarer Preis. Schweizer Mineralwasser gibts nirgends so günstig wie bei uns. Der Harass mit 20 Halbliter-Flaschen Schweizer Bier unserer Eigenmarke kostet nur elf Franken.
Damit sind Sie auf Augenhöhe mit Aldi und Lidl.
Irgendeine Zeitung hat mal geschrieben, wir seien ein Harddiscounter. Das ist natürlich Schwachsinn. Discounter geben Rabatte. Das machen wir nicht. Bei uns müssen Sie auch keinen Wochenaktionen hinterherrennen. Der Landi-Preis bleibt das ganze Jahr über gleich. Ich bin aber froh, dass die beiden Deutschen hier sind. Aldi und Lidl haben die Fantasie sämtlicher Schweizer Detailhändler beflügelt. Uns eingeschlossen.
Mit Nestlé standen Sie bisher auf Kriegsfuss.
Ach ja?
Sie wehrten sich doch lange gegen eine Nespresso-Maschine in Ihrem Haushalt.
Das ist richtig. Ich bin halt etwas altmodisch und trinke lieber aufgebrühten Kaffee. Meine Frau ist da anderer Meinung. Das letzte Wort hatte sie. Jetzt trinken wir eben Kaffee aus der Alu-Kapsel.
Dann gibts für Kunden nun auch Nespresso-Artikel in der Landi?
Das können Sie vergessen. Nespresso wäre interessant, passt aber nicht in unser Sortiment.
Wie stehts mit den boomenden Nespresso-Klonkapseln?
«Me too» ist bei uns verpönt. Wir suchten immer etwas anderes und sind den eigenen Weg gegangen, auch wenn er noch so verrückt war. Wir haben nicht vor, Nespresso-Klone ins Sortiment zu nehmen.
Auch Nestlé wollten Sie nicht in den Landi-Regalen haben.
Da bin ich tatsächlich eingeknickt. Nach längeren Gesprächen mit den Westschweizern haben wir uns letztes Jahr entschieden, das Tierfutter von Nestlé ins Sortiment zu nehmen. Das ist wirklich gut.
Werden Sie altersmilde?
Das hat mit meinem Alter nichts zu tun. In unserer Strategie haben wir festgelegt, dass der grösste Teil des Sortiments aus Eigenmarken bestehen soll. Über 50 Prozent der Produkte stammen aus der Schweiz.
Die Landi-Führung soll vor grossen Veränderungen stehen.
Wir beschlossen, dass ich am 30. Juni 2014 mein Amt an den Nachfolger Ernst Hunkeler übergebe und dann noch begleitende Funktionen habe bis Ende Jahr.
Kommt da noch mehr?
Es kommt zu einer Rochade auf der ganzen Führungsebene. Meine «Kampfkameraden» treten ebenfalls von ihren Ämtern zurück. Einkaufschef Urs Götschi wird per 1.1.2014 durch Steffen Zitzmann ersetzt. Simon Gfeller wird neuer Marketingleiter ab 1.6.2014. Bereits übernommen hat Daniel Petermann den Chefposten der Logistik. Per 1.1.2016 soll Oscar Chatelain Finanzchef werden.
Veränderungen stehen auch bei den Läden an. Ein Teil der 290 Landi platzt aus allen Nähten.
Wir haben tatsächlich das Problem, dass wir in kleineren, älteren Landi-Läden unser heutiges Sortiment gar nicht mehr vollumfänglich zeigen können. Textilien brauchen viel Platz. Wir steigen bald in die Bekleidung für Gesundheitspersonal ein. Auch prüfen wir, rezeptfreie Medi ins Sortiment zu nehmen.
In der Konsequenz müssten 40 der 290 Landi-Läden schliessen?
Wir streben eine Bereinigung der Anzahl Landi-Läden an. Kleinere werden von unseren Genossenschaften geschlossen. Mittelfristig sind 250 Läden das Ziel. Dafür werden neue, moderne und grössere Landi eröffnet.
Kommts zum Jobabbau?
Im Gegenteil. Allein im laufenden Jahr werden wir 150 bis 200 neue Mitarbeiter einstellen.
Wie läuft die Expansion bei den Tankstellenshops?
Zu den mittlerweile 73 Shops an unseren Agrola-Tankstellen kommen bis Ende 2013 sechs neue dazu. 2014 rechnen wir mit einem Zuwachs weiterer sieben bis acht sogenannter Top-Shops.
Spar war jüngst in der Kritik für seine Lohnpolitik. Was halten Sie von der 1:12-Initiative?
Ich halte sie für einen höheren Blödsinn. Da gehe ich sicher Nein stimmen.
Was ist denn der Mindestlohn einer ungelernten Person bei der Landi?
Der liegt bei 4100 Franken bei uns am Hauptsitz. Je nach Genossenschaft sind es mindestens 3600 Franken für Ungelernte in den Läden.
Sie erfüllen die 1:12-Initiative?
Selbstverständlich erfüllen wir die 1:12-Initiative. Bei uns beissen die Initianten auf Granit.