Hier soll tatsächlich ein Skigebiet entstehen
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Vision vom Mai 2025:Ein Skigebiet mitten in der Wüste Saudi-Arabiens

Kronprinz hat sich verzockt
Baustopps bei Giga-Projekt der Saudis

Das Prestigeprojekt des saudischen Kronprinzen erhält seit Jahren hohe mediale Aufmerksamkeit. Doch offenbar ist auch im Königreich das Geld nicht endlos vorhanden: Projekte wie «The Line» seien gestoppt und eine totale Neuausrichtung im Gang.
Publiziert: 20:25 Uhr
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Aktualisiert: vor 19 Minuten
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Das Megaprojekt «The Line» wird in der abgebildeten Form wohl nie vollendet.
Foto: AFP

Darum gehts

  • Neom-Projekt in Saudi-Arabien wird umstrukturiert und redimensioniert
  • Arbeiten an «The Line» und «Magna» vorübergehend eingestellt
  • Neom macht nur noch 6 Prozent des PIF-Gesamtvermögens aus
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Seit Jahren hält das saudische Riesenprojekt Neom die Welt in Atem. Das Konzept von der Grösse Belgiens fasziniert die Weltöffentlichkeit, weil es Vision und Grössenwahn zugleich verkörpert: Städte als gerade Linien, Skiresorts in der Wüste, bahnbrechende Architektur in öder Natur. Der saudische Kronprinz Mohammed Bin Salman (40), kurz MBS, inszeniert Neom als Symbol seiner Macht und Modernität.

Doch die Fassade bröckelt seit längerem gewaltig. Schon im Frühling 2024 wurde bekannt, dass die ursprünglich als 170 Kilometer lange, 500 Meter hohe und 200 Meter breite, geplante Stadt «The Line» auf lediglich 2,4 Kilometer gestutzt wird.

Aus gut unterrichteten Quellen hat Blick inzwischen erfahren, dass der saudische Staatsfonds PIF am 16. September die Arbeiten an «The Line» sowie an «Magna» – das ist ein geplantes touristisches Luxusresort am Roten Meer – bis auf Weiteres eingestellt hat.

Der bisherige COO von «The Line», Giles Pendleton, ist seit August Chef beim Projekt «Trojena», also dem geplanten Skigebiet in den saudischen Bergen, das Teil von Neom ist. Auch der bisherige Chef von «The Line», Denis Hickey, soll zu «Trojena» gewechselt haben, was den Baustopp indirekt bestätigt. Der bisherige «Trojena»-Chef Philip Gullett ist weg.

Der geldgebende Staat zieht die Zügel an

Der Zürcher Ralph Lengler (51), der hauptberuflich den Youtube-Kanal «Gigaprojects» betreibt und schon mehrmals vor Ort in Neom war, interpretiert die Vorkommnisse wie folgt: «Es sieht aus, als ob Saudi-Arabien das Vertrauen in Neom verloren hat und jetzt die gesamte Organisation zerschlägt.» Die überlebensfähigen Projekte gehen offenbar an etablierte staatliche Institutionen, die sie effizienter umsetzen können.

Er selbst habe von einem Neom-Insider vernommen, dass «Trojena» neu dem Sportministerium unterstellt sei, die Luxusinsel «Sindalah» an den staatlichen Tourismusentwickler Red Sea Global geht und die projektierte Industrie- und Logistikstadt «Oxagon» neu der staatlichen Ölgesellschaft Aramco unterstehen soll.

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Ein Bericht in der «Financial Times» bestätigt zumindest, dass «Sindalah» an Red Sea Global geht. Weil das 500 Milliarden Dollar schwere Megaprojekt von MBS einer Umstrukturierung unterzogen werde. Sindalah wurde im Oktober 2024 sanft eröffnet, ist aber bislang nicht für die Öffentlichkeit zugänglich.

Laut einem Bericht von «Semafor» werden zudem 1000 Neom-Mitarbeitende in die saudische Hauptstadt Riad verlegt und Hunderte weitere entlassen – weil die Finanzierung des Megaprojekts aus dem Ruder laufe.

MBS hat sich verzockt

«Es scheint, als ob sich MBS verzockt hat», analysiert Lengler. Im neusten Geschäftsbericht des saudischen Staatsfonds PIF wird für die Gigaprojekte, zu denen Neom gehört, ein Abschreiber in Höhe von rund 8 Milliarden Dollar deklariert. Wobei: Der Wert der Gigaproject-Holdings im Jahr 2023 war 64 Milliarden Dollar, 2024 waren es 56 Milliarden, aber es wurden 2024 noch 36 Milliarden investiert. Der effektive Abschreiber liegt also eher bei 44 Milliarden Dollar. 

Die Verzögerungen, Kontroversen und Budgetüberschreitungen bei Neom ziehen zudem weite Kreise. In «Trojena» sollten die Asian Winter Games 2029 stattfinden. «Weil ‹Trojena› ohne massive Budgeterhöhung nicht rechtzeitig fertig wird, suchen die Veranstalter schon jetzt nach einem alternativen Austragungsort», weiss Lengler. «Trojena» bemühe sich bereits um die noch nicht vergebene Austragung 2033.

Ein ähnliches Problem gibt es bei «The Line»: Diese beinhaltet ein Stadion, in dem Spiele der Fussballweltmeisterschaft 2034 geplant sind. Der Baustopp dürfte die Fifa kalt erwischen. Laut Lengler soll sich Saudi-Arabien vorsichtshalber bereits nach einer alternativen WM-Gastgeberstadt umsehen.

Die Organisation Neom äussert sich gegenüber unabhängigen Medien nicht zu den jüngsten Entwicklungen. Lengler bilanziert: «‹The Line› in der ursprünglich geplanten Form ist tot, bei einigen anderen Projekten wird es zu massiven Anpassungen kommen.» Neom soll weiterhin das Kernprojekt für die Diversifizierung und Modernisierung der saudischen Wirtschaft sein – aber wohl in bescheidenerem Ausmass.

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