Mit «Sofortmassnahmen» reagiert die SBB heute auf die Kritik ihrer Kunden. «Es ist richtig, dass alle unsere Kundinnen und Kunden vor der Abfahrt ein Billett lösen müssen», erklärt SBB-Chef Andreas Meyer in einer Mitteilung. Trotzdem hätten gerade langjährige Kunden eine «angemessene Kulanz» verdient.
Was das heisst, zeigt eine Liste, die die SBB heute publizierte:
- Das Online- und Mobile-Billett muss erst bei der effektiven Abfahrt des Zuges gelöst sein und nicht wie bisher bei der fahrplanmässigen Abfahrt des Zuges.
- Reisende, die ein Online- oder Mobile-Ticket gelöst haben, dieses aber nicht vorzeigen können (z.B. Akku leer, Online-Ticket vergessen, etc. ), können dies nachträglich erledigen. Die Reisenden erhalten dazu vom Inkassocenter eine Rechnung über 30 Franken.
- Z-Pass: In den nächsten Monaten wird die Auswahl der Reisewege im Gebiet des Z-Pass auf die am häufigsten genutzten Varianten reduziert.
- Z-Pass: SBB verzichtet auf Forderungen, wenn ein Reisender in guter Absicht ein Billett mit falschen Reiseweg gelöst hat.
- ZVV: Ab sofort wird an sämtlichen Billettautomaten im Gebiet des ZVV die Telefonnummer einer Gratis-Helpline publiziert.
«Nicht mehr als ein erster Schritt»
Grundsätzlich gingen diese Massnahmen in die richtige Richtung, heisst es beim Konsumentenforum (KF) und bei der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS). Mehr als ein erster Schritt sei dies aber nicht.
«Die SBB ist auf halbem Weg stehen geblieben», kommentiert KF-Geschäftsführer Michel Rudin. Man solle endlich beginnen, den Konsumenten bei der SBB wie einen Kunden zu behandeln: «Bei einem Kunden geht man nicht in erster Linie davon aus, dass er stiehlt, sondern dass er etwas nicht gleich verstanden hat.»
«Der Schaden und der Ärger ist bei vielen Kunden bereits angerichtet», schreibt Josianne Walpen, Leiterin Mobilität bei der SKS, in einer Stellungnahme. «Im vergangenen Jahr hat die SBB immerhin fast 440‘000 Reisende gebüsst.»
«30 Franken ist unverhältnismässig»
Wer ein Online-Ticket vergisst oder es nicht anzeigen kann, weil der Handy-Akku leer ist, soll laut SBB eine Gebühr von 30 Franken entrichten. Das ist für beide Konsumentenvertreter deutlich zu viel: «Die Gebühr ist sehr hoch, bei kürzeren Strecken sogar unverhältnismässig», schreibt Walpen.
Und Rudin sagt: «Das ist nicht besonders kundenfreundlich. Die SBB sollte endlich einmal im 21. Jahrhundert ankommen mit ihrem Kundenservice.»
Dass die SBB beim komplizierten Z-Pass im Grossraum Zürich (Blick.ch berichtete) den Kunden entgegenkommt, wird begrüsst. Aber: «Die SBB muss nicht nur Kulanz zeigen, sondern lieber gleich ein System einführen, das intuitiv begreifbar ist», fordert Rudin.
Für Walpen ist die angekündigte Gratis-Helpline keine optimale Lösung. Gerade in Stosszeiten sei sie wohl nicht immer leicht in Anspruch zu nehmen. Zudem zeige die Einführung einer Helpline, «dass die Ticketautomaten viel zu kompliziert und schwer verständlich für die Reisenden sind». Dies gelte nicht nur in der Region Zürich, sondern schweizweit. (alp)