Darum gehts
IVF, ICSI oder FET: Die kryptischen Abkürzungen dürften den meisten nicht viel sagen. So heissen die verschiedenen Angebote zur künstlichen Befruchtung, die immer beliebter werden. Die Kinderwunschklinik Cada im Zürcher Seefeld bemerkt daneben ein weiteres Anliegen, dass den Patientinnen immer wichtiger wird.
«40 Prozent unserer Patientinnen lassen ihre Eizellen einfrieren», sagt CEO Michael Wendt (37). Neben diesem sogenannten Social Freezing bietet die Klinik auch verschiedene Angebote zur künstlichen Befruchtung wie In-vitro-Fertilisation (IVF) an. Seit der Eröffnung im Oktober 2024 behandelte Cada bereits mehrere Hundert Patientinnen.
Generell lassen immer mehr Frauen in der Schweiz ihre Eizellen einfrieren, wovon Anbieter wie Cada profitieren. Im Jahr 2023 haben sich gemäss dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) rund 650 Frauen für Social Freezing entschieden. Aktuellere Zahlen gibt es nicht.
Fürs Eizellen-Einfrieren zahlen Patientinnen bei Cada pro Eingriff insgesamt etwa 8000 Franken – samt Medikamenten und Lagerung für fünf Jahre. Die Eizellen dürfen beim Einfrieren aus nicht medizinischen Gründen in der Schweiz maximal zehn Jahre gelagert werden.
Doch mit einer einmaligen Eizellenentnahme ist es oft nicht getan. Es wird eine Reserve von 12, besser 15 bis 20 Eiern angepeilt. «Diese Anzahl stellt eine hinreichende Chance dar, mindestens eine Lebendgeburt zu erreichen», so Wendt. Durchschnittlich müssen Frauen oder Paare mit Kosten von 14'350 Franken rechnen – für zwei Versuche und fünf Jahre Lagerung. Wie viele Versuche notwendig sind, ist sehr individuell: Es kann sein, dass bei einer einzigen Entnahme 20 Eier gewonnen werden – oder auch keines. Dabei werden die Eierstöcke vor der Entnahme mittels Hormonen stimuliert.
Karriere nicht als Hauptgrund
Warum greifen immer mehr Frauen zu dieser Methode? «Der Hauptgrund für Social Freezing ist, dass Frauen noch nicht den richtigen Partner gefunden haben», sagt Psychologin Julia Jeannine Schmid (27), die an der Universität Zürich über das Thema geforscht hat. Weitere Gründe sind der Wunsch nach biologischer Verwandtschaft oder die Absicherung im Alter. Schliesslich nimmt die Fruchtbarkeit bei Frauen ab einem Alter von 35 Jahren rapide ab.
Experten aus der Medizin empfehlen, die Eizellen vor dem Alter von 35 einfrieren zu lassen. Künstliche Befruchtung bieten Kliniken in der Schweiz noch bis zum Alter von 45 Jahren an. Doch auch wenn die Eizellen jünger sind, bleibt die Schwangerschaft nicht risikofrei.
Schmid sieht, dass das Interesse am Eizellen-Einfrieren steigt – doch nach wie vor nutzt nur ein kleiner Teil der Frauen das Angebot. Schmid denkt deshalb nicht, dass dies in der Zukunft zum neuen Standard wird: «Nicht jede Person will diesen häufig finanziell, physisch und psychisch belastenden Eingriff machen. Zudem ist die Erfolgsquote einer künstlichen Befruchtung oft nicht so hoch, wie man sich erhofft.»
Aktuelle Studien zeigen, dass um die elf Prozent der Frauen auf ihre eingefrorenen Eizellen zurückgreifen. «Liegt keine medizinische Diagnose vor, so probiert man es zuerst immer natürlich», so Schmid.
Schweizer Firmen zurückhaltend
Einige Frauen nennen gemäss Schmid auch die Karriere als Grund für das Einfrieren der Eizellen. Auch wenn das nicht der Hauptgrund ist, wittern Unternehmen hier die Chance, ihre weiblichen Angestellten länger bei der Stange zu halten. Schliesslich reduzieren nach wie vor viele Frauen ihr Pensum, wenn das erste Kind da ist.
Besonders in den USA unterstützen Arbeitgeber ihre Arbeitnehmenden deshalb bei Themen wie künstlicher Befruchtung oder Social Freezing auch finanziell. Bei Google profitieren auch Angestellte aus der Schweiz. Dasselbe bei McKinsey – doch nur wenige Frauen machen von der Eizellenkonservierung Gebrauch. IVF unterstützt die Firma in der Schweiz nicht.
Auch das deutsche Pharmaunternehmen Merck greift seinen Angestellten unter die Arme. Zu den «Fertility Benefits» – sogenannte Fruchtbarkeitsgoodies – zählen Beratung und auch finanziellen Unterstützung, in der Regel im fünfstelligen Bereich.
Generell scheint das Angebot für Pharmaunternehmen wichtiger zu sein als in anderen Branchen. Bei Roche gibt es bereits ein Beratungsangebot zum Thema unerfüllter Kinderwunsch und Menopause. Novartis prüft die Einführung einer finanziellen Unterstützung.
Ansonsten setzen Schweizer Arbeitgeber auf andere Massnahmen, um werdenden Eltern zu helfen: ein längerer Mutter- oder Vaterschaftsurlaub, erhöhte Kinderzulagen oder Betreuungsangebote. Mehrere Unternehmen wie die Post oder Raiffeisen betonen, dass die Familienplanung Privatsache sei.