Klartext von Präsident Guy Lachapelle
Das sagt Raiffeisen zum Eklat bei der Bankiervereinigung

Es knallt auf dem Finanzplatz. Die Raiffeisen-Gruppe, die Nummer 3 der Branche, verlässt die Bankiervereinigung. Der Frust beim Dachverband ist gross.
Publiziert: 10.11.2020 um 18:54 Uhr
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Aktualisiert: 10.11.2020 um 20:38 Uhr
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Die Raiffeisen-Gruppe verlässt die Bankiervereinigung ...
Foto: keystone-sda.ch
Christian Kolbe und Marc Iseli

Ein Schwergewicht bricht mit der Bankiervereinigung. Raiffeisen gibt den Austritt. Die Genossenschafter aus St. Gallen wollen ihre politischen Interessen künftig selbst vertreten. «Wir bauen unsere eigene Präsenz in Bern aus», sagt Guy Lachappelle (59) im Gespräch mit BLICK.

Raiffeisen-Präsident Lachappelle hat den Verband Anfang dieser Woche über den Entscheid informiert. Es ist ein weiterer Bruch in der einst starken und geeinten Verbandslandschaft der Schweiz. Unlängst musste Economiesuisse drei grosse Abgänge verkraften. Die Axa hat sich vom Versicherungsverband verabschiedet. Und auch der Gewerbeverband hat Mühe, die Reihen zu schliessen.

Enttäuschung bei Bankiervereinigung

Der Dachverband der Banken ist also in guter Gesellschaft. «Das ist ein Phänomen der Zeit», erklärt Jörg Gasser (51), Chef der Bankiervereinigung. Er ist erst seit knapp einem Jahr im Amt. Davor leitete er das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen. BLICK erreicht ihn am Telefon, er wirkt gestresst, die Stimme ist heiser. «Wir sind enttäuscht und überrascht», sagt er zur Flucht der Raiffeisen.

Gasser wehrt sich gegen die Kritik, wonach der Verband nur die Interessen der Grossbanken und der international aktiven Vermögensverwalter vertreten haben soll. Über Monate habe die Bankiervereinigung die Strukturen durchleuchtet und ein «Dissens-Management» aufgebaut. «Um dem Wunsch der Inlandbanken nachzukommen, ihnen die Stimme zu geben, die ihnen gebührt», sagt Gasser. Das heisst, der Entscheidungsfindungsprozess wird transparenter, auch abweichende Meinungen bekommen eine Öffentlichkeit.

Raiffeisen unzufrieden mit Reformen

Seit September sind die Strukturen dafür definitiv geschaffen. Nur wenige Wochen später platzt die Raiffeisen-Bombe. Gasser hätte sich gewünscht, dass die St. Galler noch etwas zugewartet hätten. Ein Jahr wenigstens. Bis sich die neuen Strukturen bewährt hätten.

Offenbar hat Raiffeisen aber die Geduld verloren, ging es bei den Reformen zu langsam – und in die falsche Richtung. «Es gab einen Reformprozess, aber das Ergebnis gestaltete sich nicht so, wie wir uns das erhofft haben», begründet Lachappelle den Schritt.

Gasser dagegen will das ramponierte Image der Bankiervereinigung geraderücken. «Es ist überhaupt nicht so, dass wir zerstritten sind», sagt der einstige Chef-Beamte. Die meisten Geschäfte würden im Konsens verabschiedet. Gasser rechnet auch nicht damit, dass die Raiffeisen zum Vorbild wird und andere Banken folgen werden.

Ausländische Regulierungen für Inlandbanken

Das Grundproblem aber bleibt: Auf der einen Seite stehen die Paradeplatz-Banken. Auf der anderen die kleineren Institute, für die das Lobbying in Brüssel oder Washington weniger relevant ist. Sie sind fast ausschliesslich auf inländische Kunden ausgerichtet und müssen trotzdem in den sauren Apfel beissen, internationale Regulierungen übernehmen, damit die Grossen den Marktzugang behalten. «Schweizer Inlandbanken müssen immer mehr Regulierungen aus dem Ausland übernehmen», klagt denn auch Raiffeisen-Chef Lachappelle.

Der Warnschuss kam bereits im Frühjahr. Vertreter der Regionalbanken forderten in der «NZZ am Sonntag» mehr Mitsprache und drohten mit der Abspaltung. «Wir brauchen endlich Nägel mit Köpfen», so ein Inlandbanken-Vertreter damals. «Die Zeiten, als der Paradeplatz in Bern den Tarif durchgeben konnte, sind vorbei.»

Der Bruch ist reiflich überlegt. Lachappelle spricht von einer «breiteren Meinungsbildung», die jetzt möglich sei. Und falls nötig, könne er auch direkt selbst bei Finanzminister Ueli Maurer (69) oder den entsprechenden Gremien intervenieren. Die Handy-Nummer hat er.

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