Vor Feiertagen mit hohem Reiseaufkommen trichterten die SBB den Kunden bisher ein: Wer eine SBB-Verbindung auf Nummer sicher will, muss einen Platz reservieren. Doch an diesem Auffahrtswochenende in Corona-Zeiten, wo die Zügen in den Süden schon mit sehr stark belegt angegeben werden, klappt das Reservieren nicht.
Stark gefüllte Sitze wird etwa für die Strecke Zürich-Lugano heute Nachmittag auf dem SBB-App-Fahrplan und Online angezeigt. Drei rote Männchen bedeuten, dass die SBB eine «sehr hohe Belegung» erwartet. BLICK versuchte mehrmals zu reservieren, auch für die Rückfahrt am kommenden Sonntag. Doch die Reservationsfunktion wird gar nicht angezeigt.
Wegen Corona geht reservieren nicht
SBB-Sprecherin Sabine Baumgartner bestätigt BLICK: «In der Aufbauphase, in der wir uns aktuell befinden, ist eine Reservation für Züge auf der Nord-Süd-Achse aus technischen Gründen noch nicht möglich.» Mit Aufbauphase meint sie, dass die SBB nach den Corona-Einschränkungen noch nicht zu 100 Prozent nach Fahrplan fährt. Der Betrieb liegt derzeit bei rund 90 Prozent.
Dass die Kunden derzeit nicht reservieren können, hat laut Baumgartner den Vorteil, dass sie bei der Wahl ihres Sitzplatzes und ihrer Reiseroute durch oder über den Berg flexibel beiben könnten.
Da der Aufbauprozess noch bis und mit 8. Juni dauere, könne die SBB zudem am Auffahrts- als auch am Pfingstwochenende keine Extrazüge auf der Nord/Süd-Achse einsetzen, führt Baumgartner aus.
Ansturm unterschätzt
SBB-Chef Vincent Ducrot (57) sagte Anfang Woche, dass die SBB für einmal keine zusätzlichen Züge einsetze, weil kein grosser Ansturm erwartet werde. Da scheint sich der neue SBB-Chef verschätzt zu haben.
Vor einem Jahr berichtete BLICK am Auffahrtswochenende darüber, dass Passagiere trotz Reservation keinen Platz kriegten und den Zug verlassen mussten. Darauf haben die SBB ihr Anzeigesystem verbessert. Voll reservierte Züge wurden im voraus mit «dieser Zug ist ausgebucht» angezeigt.
Wegen Corona Blindflug bezüglich Mobilitätsverhalten
Die wagenscharfe Auslastungsanzeige ist laut Baumgartner eine Prognose, welche normalerweise basierend auf den Frequenzerhebungen gemacht wird. Dabei würden auch zusätzliche Faktoren wie zum Beispiel Ferien- und Feiertage oder das schwer einschätzbare Wetter berücksichtigt. Doch in Corona-Zeiten sei das Mobilitätsverhalten nicht einfach abzuschätzen, was eine Auslastungsprognose zusätzlich erschwere.
Wer ein Velo auf die Nord-Südverbindung mitnehmen will, muss und kann übrigens für das Velo weiter reservieren.