In keiner Branche entstehen mehr Arbeitsplätze: Das Gesundheits- und Sozialwesen ist eine hochtourige Jobmaschine. Allein zwischen dem dritten Quartal 2015 und dem dritten Quartal 2016 stieg die Zahl der Beschäftigten um fast 18000 Personen, wie die neusten Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS) zeigen. Momentan arbeiten 694000 Personen in diesem Bereich. Und es könnten noch viel mehr sein.
Spitäler und Heime müssen ihr Personal laufend aufstocken. «Es gibt jedoch einen grossen Mangel an diplomiertem Pflegefachpersonal», sagt Yvonne Ribi (40), Geschäftsführerin beim Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK). Derzeit werden nur 43 Prozent des eigentlich erforderlichen Bedarfs ausgebildet. Dabei wurde laut Rolf Curschellas (55), Direktor Personalwesen des Universitätsspitals Zürich, die Zahl der Ausbildungsplätze für Ärzteschaft und Pflege in den letzten fünf Jahren verdoppelt.
Das Jobwunder hat seinen Preis. Die neuen Stellen entstehen nicht nur, weil die Bevölkerung altert und es immer mehr chronisch Kranke gibt. Ein wichtiger Grund sei vielmehr die zunehmende Bürokratie, sagt Mathias Binswanger (54), Volkswirtschaftsprofessor an der Fachhochschule Nordwestschweiz. «Pflegepersonal und Ärzte müssen immer mehr Arbeitszeit aufwenden, um Daten zu erfassen und abzulegen.»
Das Personal muss exakt Buch führen: Wie der Patient behandelt wurde, wie lange die Behandlung dauerte, welche Medikamente verabreicht wurden, wie sich die aktuellen Werte des Patienten zu den vorherigen verhalten.
Mehr und mehr Transparenz wird verlangt. Nicht nur von Patienten, sondern vor allem von den Krankenkassen. «Wir müssen den Versicherungen heute einen genauen Nachweis erbringen, damit die Pflegeleistungen auch bezahlt werden», sagt Ribi vom Pflegeverband.
Nur: Die Bürokratie frisst dem Personal Zeit für die eigentliche Aufgabe weg – sich um Patienten zu kümmern. Um diesen Mangel auszugleichen, müsse letztlich mehr Personal eingestellt werden, sagt Binswanger. Das Problem: «Die gestiegene Anzahl von Beschäftigten im Gesundheitswesen führt auch zu höheren Gesundheitskosten. Und dadurch steigen die Krankenkassenprämien.» Eine Trendwende ist nicht in Sicht, im Gegenteil.
Die Gesundheitskosten schiessen weiterhin ungebremst in die Höhe, wie die aktuelle Prognose der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich zeigt. Für die nächsten beiden Jahre geht sie von einer Zunahme von je 3,9 Prozent aus.
Und so wird die Jobmaschine Gesundheitsbranche auch künftig Tausende neuer Jobs schaffen. Nur gratis läuft sie eben nicht.