Chinesen lieben Europa. Wer im Reich der Mitte richtig viel Cash hat, schlägt drum gerne zu, wenn bei uns etwas Grosses im Angebot ist.
Der bislang grösste Kauf wurde letzte Nacht bekannt: Die staatliche China National Chemical Corporation (ChemChina) übernimmt den italienischen Reifenhersteller Pirelli für 7,5 Milliarden Franken.
Viele kennen den Ferrari unter den Pneu-Herstellern wegen seines Kalenders mit erotischen Bildern. Er ist so exklusiv, dass ihn nur besonders treue Kunden und Freunde des Unternehmens erhalten. Zu kaufen gibt es ihn nicht.
Pirelli-Chef seit 1992 im Amt
Nun haben die Chinesen gleich den ganzen Konzern geschluckt. Dazu gehören rund 38 000 Angestellte, die pro Jahr mehr als 6 Milliarden Franken umsetzen.
Verkäufer sind eine Reihe von Investoren und Banken. Den grössten Anteil (26,2 Prozent) hatte bisher die Investmentfirma Camfin inne, die dem staatlichen russischen Ölkonzern Rosneft und dem Manager Marco Tronchetti Provera gehört. Provera hat sich 1978 in die Pirelli-Familie eingeheiratet und 1992 den Chefposten übernommen.
ChemChina ist spezialisiert auf Gummi-Produkte und Agrochemie. Der grösste Teil des Konzerns wurde zugekauft. 2011 übernahm ChemChina 60 Prozent des israelischen Chemie-Riesen Adama.
Der Kaufrausch der chinesischen Konzerne und Investoren in Europa hält schon einige Jahre an. Für viel Aufsehen sorgte der grosse Volvo-Deal vor fünf Jahren. Der chinesische Motorradhersteller Geely kaufte Ford die schwedische Kultmarke für geschätzte 2 Milliarden Franken ab.
Italienische Traditionsmarken im Fokus
Laut «NZZ» sind inzwischen die Sektoren Lifestyle, Technologie sowie erneuerbare Energien und Wasser ganz besonders gefragt in China.
Letztes Jahr schlugen die Chinesen vor allem in Deutschland und Grossbritannien zu, wo 36 beziehungsweise 26 Unternehmen in deren Hände übergingen. Das hat die Unternehmensberatung Ernst&Young analysiert.
«Die neue Regierung will den Expansionskurs chinesischer Unternehmen im Ausland weiter fördern, um deren Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt zu erhöhen», sagte Yi Sun, Partnerin von Ernst&Young kürzlich zum «Handelsblatt».
In Italien sind vor allem edle Traditionsmarken gefragt. So stiegen Chinesen beim edlen Modelabel Salvatore Ferragamo, dem Yachtenbauer Ferretti, und der Herremodemarke Caruso ein. (alp)