Ist Abzocken eigentlich nur Männersache?
Die bestverdienenden Frauen der Schweiz

Hat Thomas Minders Initiative nur Macho-Manager im Visier? Nicht ganz. Es gibt in der Schweiz auch einige Frauen, die sehr hohe Gehälter nach Hause bringen.
Publiziert: 03.02.2013 um 00:01 Uhr
|
Aktualisiert: 07.10.2018 um 14:39 Uhr
1/12
1. Barbara Kux, Einkaufschefin Siemens: 4,9 Mio. Fr
Foto: Siemens
Von Claudia Gnehm

Männer wie Nestlé-Chef Peter Brabeck, Swiss-Re-Chef Walter Kielholz und Novartis-Chef Daniel Vasella lösten die Abzocker-­Initiative aus. Thomas Minder lancierte sie. Männer bekämpfen sie.

Eine reine Männersache also?

Eine einzige Frau tritt in den Inseraten der Economiesuisse-Kampagne auf: Die Chefin der Wicor Holding in Rapperswil-Jona SG, Franziska Tschudi Sauber (53). SonntagsBlick fragte sie, wieso sie sich für dieses Männerproblem einsetzt: «Frauen sind leider in Führungsetagen immer noch untervertreten. Das Abzockerproblem aber als Männerproblem darzustellen, halte ich für falsch – Männer wie Frauen können gierig und masslos sein», sagt Tschudi. Lohnexzesse müsse man unabhängig vom Geschlecht bekämpfen.

SonntagsBlick-Recherchen zeigen: Chefinnen können sehr gut verdienen, etwa Barbara Kux von der Siemens-Geschäftsleitung mit jährlich 4,9 Millionen Franken. Swatch-Präsidentin Nayla Hayek trägt 3,9 Millionen nach Hause.

Novartis-CEO bekommt zwölfmal mehr

Zwei weitere Frauen schaffen es auf rund zwei Millionen Jahreslohn. Für alle anderen ist die Mil­lionengrenze das Höchste der Gefühle. Das entspricht einem Zwölftel des Salärs von Topverdiener Joe Jimenez, dem CEO von Novartis. Für Wicor-Chefin Tschudi wäre eine Million ein «Traumsalär». Sie verdient wohl deutlich weniger.

Hat Tschudi recht? Sind Frauen so gierig und masslos wie Männer? Die Geschäftsführerin der Unternehmensberatung Adt Zurich, Martina Hubacher, beurteilt für Konzerne Führungskräfte. «Für Frauen steht vielfach der Arbeitsinhalt und die Aufgabe mehr im Zentrum als der Lohn», sagt sie. «Sie treten bei Lohnforderungen weniger offensiv auf. Ich würde Frauen in der Lohnfrage nie als gierig bezeichnen.»

Den Bewerberinnen gehe es vor allem darum, gerecht bezahlt zu werden – auch im Vergleich zu ihren Kollegen. Allerdings sei Lohngerechtigkeit ein frommer Wunsch. «Da wir in der Schweiz kein transparentes Lohnsystem haben, kann eine Einzelperson den angemessenen Lohn nur schwer evaluieren.»

Auch bei Michèle Etienne, Co-Geschäftsführerin von GetDiversity, kommt es selten vor, dass Frauen mit konkreten Lohnforderungen ins Bewerbungsrennen steigen. Etienne ist auf die Suche von Verwaltungsrätinnen spezialisiert.

Frauen suchen spannende Aufgaben

Ihre Beobachtung: Den meisten Frauen gehe es um eine spannende Aufgabe. «Frauen sind nicht geldgetrieben», sagt Etienne. Sie bedauert es, dass sich Frauen oft zu wenig für einen gleichwertigen Lohn einsetzen, zum Beispiel, weil der Gatte der Hauptverdiener ist.

Falls die Initiative angenommen würde, hätten Frauen gar keine Chance dereinst unanständig zu verdienen. Laut Tschudi lassen sich Lohnexzesse aber auch mit dem Gegenvorschlag verhindern, mit weniger negativen Folgen für die Schweizer Wirtschaft. «Auch ich bin gegen Abzockerei», betont Tschudi.

Wie immer die Abstimmung ausgeht: Frauen in der Schweiz werden wohl nie Gelegenheit erhalten, so zuzulangen.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.