Intransparenz bei öffentlichen Aufträgen
ETH vergibt stillschweigend Millionen

Eidgenössische Hochschulen verschweigen bei Beschaffungen systematisch den Zuschlagspreis.
Publiziert: 18.07.2020 um 23:45 Uhr
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Aktualisiert: 19.07.2020 um 11:20 Uhr
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ETH Campus in Zürich: Bei der Transparenz gibt es keine Bestnoten.
Foto: ETH Zürich / Alessandro Della Bella
Thomas Schlittler

Wer einen Beweis braucht, dass an den Eidgenössischen Hochschulen und Forschungsanstalten schlaue Köpfe arbeiten, muss nur die öffent­lichen Ausschreibungen der letzten Monate durchgehen:

Die Materialprüfungs- und ­Forschungsanstalt Empa schaffte sich kürzlich ein Tandem-Quad­ru­pol-Massenspektrometer an. Die EPFL erwarb ein kombiniertes, konfokales und hochauflösendes Drehscheibenmikroskop. Das Paul Scherrer Institut (PSI) kaufte ein Resonant-Inelastic-­X-Ray-Scattering-Spektrometer. Und für die Forscher der ETH ­Zürich gab es eine selektive Laserschmelzanlage zur Erforschung neuer Fertigungstechnologien.

Preis unbekannt

Was alle diese Beschaffungen gemeinsam haben: Sie wurden mit Steuergeldern bezahlt – aber kein Mensch weiss, wie viel dafür ausgegeben wurde.

Das steht im Widerspruch zur ­Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen (VöB), die verlangt, dass der «Preis des berücksichtigten Angebotes» ver­öffentlicht wird.

Doch die ETH-In­stitutionen scheinen darauf zu pfeifen: Die Empa hat seit 2008 90 Prozent ihrer Zuschläge ohne Preisangabe publiziert. Bei der EPFL waren es 59 Prozent. PSI (54 Prozent) und ETH Zürich (46 Prozent) sind nur un­wesent­lich besser. Sie fallen im Vergleich zu Gemeinden, Kantonen und dem Bund ebenfalls durch Intransparenz auf, wie neue Zahlen der Plattform Intelliprocure zeigen, die von der Forschungsstelle Digitale Nachhaltigkeit der Uni Bern aufbereitet wurden.

Die Verantwortlichen recht­fertigen ihre Heimlichtuerei mit Art. 23 Abs. 3 Lit. B des Beschaffungsgesetzes, der besagt, dass der Preis nicht genannt ­werden müsse, wenn dadurch «berechtigte wirtschaftliche Interessen der Anbieter» beeinträchtigt würden. Als Forschungseinrichtungen mit sehr spezifischen Anforderungen gebe es für eine grosse Anzahl der Anschaffungen nur einen sehr kleinen Anbietermarkt – und deshalb hätte die ­Information über den Zuschlagspreis eine wettbewerbsverzer­rende Wirkung.

Universität ­Zürich ist transparent

Die Schwachstelle dieser Ar­gumentation: Die Universität ­Zürich, die dem kantonalen Beschaffungsrecht unterliegt, nennt in 100 Prozent der Fälle den Zuschlagspreis. Im Juni bezahlte die Hochschule zum Beispiel 756'670 Franken für einen Computer­tomografen für Pferde – ein Gerät, das auch nicht an jeder ­Strassenecke angeboten wird.

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