Eine globale Mindeststeuer soll das seit Jahrzehnten andauernde Rennen um die tiefsten Sätze für Unternehmen beenden. Bereits Ende Juni will der Klub der Industrienationen, die OECD, den ersten Entwurf dafür präsentieren.
Nach dem plötzlichen Ende des Bankgeheimnisses und der Kappung von Steuerprivilegien für ausländische Unternehmen steht der Schweiz möglicherweise ein neuer finanzpolitischer Seiltanz bevor.
Und darum gehts: Staaten sollen weltweit die gleiche Mindeststeuer auf Unternehmensgewinne sowie eine neue Form der Besteuerung von digitalen Dienstleistungen einführen. Unternehmen sollen zudem künftig nicht nur dort zur Kasse gebeten werden, wo sie ihren Hauptsitz haben, sondern auch, wo sie ihren Umsatz erzielten.
In den Augen von Thomas Straubhaar, Professor für Internationale Wirtschaftsbeziehungen an der Universität Hamburg, wäre dies die längst überfällige Anpassung eines veralteten Steuerregimes.
Doch es gibt noch einen anderen Grund: Hochsteuerländer wie Deutschland und Frankreich wollen endlich Steueroasen trockenlegen – wie die Schweiz, Bermuda, Luxemburg oder die Niederlande.
Schweiz auf Platz fünf
Tatsächlich rangiert die Eidgenossenschaft in einem aktuellen Bericht des Tax Justice Network, einer Nichtregierungsorganisation, die sich weltweit gegen Steuerbetrug einsetzt, auf dem fünften Platz der Steuerparadiese für Konzerne.
Begrüsst wird die Reform von Präsident Joe Biden, der bereits angekündigt hat, die Unternehmenssteuer in den USA anzuheben.
Noch aber ist vieles unklar. So etwa, wie hoch der globale Steuersatz für Unternehmen ausfallen soll. Die US-Regierung hat durchblicken lassen, dass sie 21 Prozent für realistisch hält. Die Quote könnte aber auch tiefer liegen – höher wohl kaum.
Für die Schweiz sitzt Finanzminister Ueli Maurer mit am Verhandlungstisch. Als vollwertiges Mitglied der OECD besitzt die Eidgenossenschaft zwar ein Vetorecht, dennoch dürfte der Einfluss auf das Vertragswerk beschränkt sein.
Wo liegt die Schmerzgrenze?
Hierzulande beträgt die ordentliche Gewinnsteuer je nach Kanton 11,5 bis 21 Prozent. In einigen Kantonen zahlen Firmen dank Abzügen aber viel geringere Prozentsätze. Angenommen, die globale Mindeststeuer würde dereinst bei etwas über 14 Prozent angesetzt – dem kantonalen Durchschnitt –, dürfte sich für die Schweiz nicht viel ändern. Bei 21 Prozent jedoch würde sogar der stoische Finanzminister Ueli Maurer nervös. Konzerne könnten das Land verlassen, Steuersubstrat ginge verloren.
Professor Straubhaar spricht von einem «Warnschuss» auf die Steueroasen. «Globale Spieler bedürfen globaler Regeln», sagt er. Dies gelte auch bei Steuerfragen, ganz besonders aber für Tech-Konzerne. «Sie müssten genauso Steuern zahlen wie der kleine Familienbetrieb aus dem Oberland», sagt Straubhaar. Die internationale Gemeinschaft nehme das Rennen um tiefste Steuersätze nicht länger einfach so hin.
Noch gibt sich Maurer betont gelassen. Welche Steuersätze er für angemessen hält, liess sich der Finanzminister an der Pressekonferenz vom Donnerstag nicht entlocken. Im Gespräch mit Radio SRF sagte
Maurer: «Wir haben am Schluss lieber eine globale Lösung, die Sicherheit bietet. Aber eine globale Lösung muss moderat sein. Das heisst auf einem Niveau, das für die Schweiz annehmbar sein müsste.»