Hans Hess (62), über Jahre gebeutelter Präsident des Verbands der schweizerischen Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (Swissmem) ist für einmal «sehr erleichtert». Der Grund: Erstmals seit der Aufhebung des Mindestkurses durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) vor zweieinhalb Jahren notiert der Euro wieder oberhalb der 1.15-Franken-Grenze. Die Wahl des überzeugten Europäers Emmanuel Macron (39) zum Präsidenten Frankreichs und die Wiederbelebung der europäischen Wirtschaft lassen die Einheitswährung erstarken und den Franken schwächeln.
Gut ist das für die Schweizer Maschinen, Elektro- und Metallindustrie (MEM-Industrie), die in diesem Zeitraum aufgrund des starken Frankens 12'000 oder knapp vier Prozent aller Arbeitsplätze ins Ausland verlagert hat. «Ist dieser Wechselkurs nachhaltig, bedeutet dies eine enorme Entlastung für den Export», sagt Hess, «wir liegen nun nahe an der Kaufkraftparität.»
Entlastung wirkt sofort
Vor allem aber: Die Entlastung wirkt sofort. Jedes heute fakturierte Produkt kann zu wesentlich besseren Margen exportiert werden als in der Vergangenheit. Das generiert mehr Gewinn für die Firmen und damit Spielraum für neue Investitionen auch in der Schweiz. Dies bedeutet auch neue Arbeitsplätze, weltschöpfungsstärkere als jene, die unwiderruflich abgewandert sind. «Die Krise war ein aus der Not geborenes Fitnessprogramm für die Industrie», sagt Hess, «nun kann sie die Früchte dafür ernten.»
Balsam ist ein schwächelnder Franken auch für die einheimische Hotellerie. Ein Vorzeigebetrieb wie die Grand Resorts Bad Ragaz etwa hat – wie andere Hotelbetriebe auch – in der Zeit der Frankenstärke markant deutsche Hotelgäste verloren. In einer Studie der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich heisst es: «Vor allem die grösste Gruppe der ausländischen Touristen, die Gäste aus Deutschland, reagiert stark und überdurchschnittlich auf Wechselkursänderungen.» Eine Kurserhöhung des Frankens gegenüber dem Euro von zehn Prozent heisst, dass die Zahl der von Deutschen gebuchten Logiernächte «auf längere Sicht um 19 Prozent abnimmt».
Deutsche Gäste buchen wieder mehr
Nun geht die Fahrt in die entgegengesetzte Richtung: Schwacher Franken bedeutet steigende Logiernächte – in Bad Ragaz beobachtet der neue Chef Patrick Vogler (42) schon seit Monaten, dass deutsche Gäste wieder vermehrt buchen. Dieser Trend dürfte sich verstärken. Unter einer Voraussetzung allerdings: dass die Eurostärke nachhaltig erhalten bleibt.