Seit zwei Wochen arbeiten Erwerbstätige wieder vermehrt in den eigenen vier Wänden. Das sorgt beim einen oder anderen privaten Betrieb für Unverständnis. So genau wollen es denn auch nicht alle nehmen mit der Homeoffice-Pflicht. In vielen Kantonen sind Arbeitsinspektoren ersten Homeoffice-Verweigerern auf der Spur.
Der «verhältnismässige Aufwand», der die Arbeit von zu Hause aus obligatorisch macht, wird je nach Kanton aber selbst auf Verwaltungsebene grosszügig interpretiert. Bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) etwa sind die Unterschiede bezüglich Homeoffice gross.
«Menschliche Beziehungen bleiben essenziell»
Locker nimmt man es mit dem Homeoffice im Kanton Genf. RAV-Direktor Charles Vinzio (50) sagt: «Meine Personalberater arbeiten höchstens drei Tage pro Woche von zu Hause aus.» Und er fügt an: «Die wenigsten nehmen diese aber in Anspruch.»
Beratungsgespräche fänden noch immer vor Ort statt. «Arbeitssuchende haben die Möglichkeit, sich per Videokonferenz beraten zu lassen. Doch sie wollen ins Büro kommen!» Angst vor Ansteckungen hat er nicht: «Masken, Abstand, Desinfektionsmittel – wir treffen alle Sicherheitsvorkehrungen.»
Für ihn ist klar: «Menschliche Beziehungen bleiben auch in der Pandemie essenziell.» Viele machten schwierige Zeiten durch, hätten gerade den Job verloren. Ein persönliches Beratungsgespräch könne oft verhindern, dass man nicht durch das soziale Netz falle.
«Ein- und ausgehende Kunden wären ein Irrsinn»
Auch Erich Rickenbacher (56), RAV-Koordinator des Kantons Schwyz, sagt: «In unseren RAV konnte kein flächendeckendes Homeoffice umgesetzt werden.» Je nach Funktion liessen administrative Arbeiten mit viel Papierkram keinen Wechsel ins eigene Heim zu. Zudem: «Die Stellensuchenden sind oft dankbar, wenn sie aus dem Haus kommen. Vielen fällt die Decke auf den Kopf.»
Andere Töne schlägt Isabelle Wyss (48), RAV-Koordinatorin des Kantons Aargau, an: «Es wäre unsinnig, nun ein und aus gehende Kunden bei uns zu haben.» Seit der bundesrätlichen Massnahmenverschärfung von letzter Woche hat sie ihre Personalberater mehrheitlich wieder ins Homeoffice geschickt. Auch im Kanton Zürich finden Beratungsgespräche entweder per Videocall oder Telefon statt. Die Schalter bleiben wie im Aargau geschlossen.