Darum gehts
- Familie Wiesner Gastronomie setzt auf freiwillige Viertagewoche für Angestellte
 - Lange Arbeitstage, aber drei freie Tage pro Woche für Erholung
 - 85 von 750 Angestellten nutzen das Angebot der Viertagewoche
 
Hier bestellt jemand etwas zu essen. Dort will jemand die Rechnung. Und am Eingang stehen bereits wieder neue Gäste, die platziert werden wollen. Ein Job in der Gastro-Branche ist kein Zuckerschlecken.
Das weiss auch Trinidad Sagredo (34): «Wenn viel los ist, bin ich den ganzen Tag am Rennen.» Die junge Aargauerin ist stellvertretende Geschäftsführerin im koreanischen Restaurant Miss Miu an der Zürcher Europaallee. Es gehört zur Familie Wiesner Gastronomie (FWG), die unter anderem Restaurants wie die Asiaten «Nooch» und «Negishi» sowie das «Outback» betreibt.
Um die Angestellten zu entlasten, setzt FWG auf die freiwillige Viertagewoche – dort, wo es die Arbeit zulässt. Das 100-Prozent-Pensum kann dann in vier statt fünf Arbeitstagen verrichtet werden. Das hat lange Arbeitstage zur Folge – doch dafür gibts drei freie Tage pro Woche.
«Je nach Schicht arbeite ich bis zu zwölf Stunden», erzählt Sagredo beim Besuch von Blick im Restaurant. Da sie im Aargau wohnt, ist eine Zimmerstunde – also eine längere Mittagspause – für sie keine Option. Seit etwas mehr als einem Jahr setzt sie auf das neue Arbeitszeitmodell, die Viertagewoche.
Der Umstieg braucht Zeit
Der Umstieg war für Sagredo anstrengend: «Es hat schon einen Moment gebraucht, bis sich mein Körper an den neuen Rhythmus gewöhnt hat.» Sie arbeitet seit elf Jahren in der Gastronomie, zuvor sind es aber immer fünf Tage am Stück gewesen.
«Abends habe ich kaum noch Energie, das darf man nicht unterschätzen», so Sagredo. An einem Arbeitstag mal ins Fitnessstudio zu gehen oder die Wäsche zu waschen, ist nicht mehr möglich. «Die Feierabendzeit vermisse ich schon sehr – bei fünf Tagen Arbeit hat man irgendwie mehr davon», so die Gastronomin weiter. Sie kann sich deshalb vorstellen, dass ihr die Viertagewoche irgendwann wieder zu viel wird.
Doch drei Tage frei – das überwiegt für sie im Moment. «Dann habe ich einen Tag, um mich zu regenerieren – und zwei Tage Wochenende mit Familie und Freunden», so Sagredo. Danach fühle sie sich «richtig erholt», wie sie sagt.
Entlastung für Familien
Auch Julianne Honegger (28) arbeitet in der Viertagewoche. Sie ist Betriebsassistentin im selben Restaurant, kümmert sich um Reservationen, platziert die Gäste und hilft am Empfang.
«Als Mutter ist die Viertagewoche für mich perfekt – dann habe ich mehr Zeit für meine Kinder», so Honegger. Zuvor arbeitete sie fünf Tage im Service. Der Wechsel fiel ihr leicht, schnell gewöhnte sie sich an die neuen Arbeitszeiten: «Vier Tage gebe ich Gas – danach habe ich drei Tage für meine Familie und mich.» Ihre Kinder sind zwei und vier Jahre alt.
Meistens arbeitet Honegger im Spätdienst und schliesst den Laden am Abend: «Dann kann ich am Morgen für meine beiden Kinder da sein.» Auch ihr Mann ist von der Viertagewoche begeistert. Er würde auch gerne so arbeiten, doch sein Betrieb lässt es nicht zu.
Über 10 Prozent nutzen das Angebot
Von den rund 750 Angestellten bei der FWG nutzen 85 Angestellte die freiwillige Viertagewoche – also über 11 Prozent. «Besonders beliebt ist das Modell bei Kader und Küchenmitarbeitenden, weil sich dort eine verdichtete Arbeitswoche oft sinnvoll umsetzen lässt», sagt Manuel Wiesner (38) zu Blick. Er leitet FWG zusammen mit seinem Bruder Daniel.
Anfangs seien die Teams skeptisch gewesen. Doch eine lange Pilotphase im 2021 habe Gewissheit gebracht: «Das Feedback ist gemischt, aber insgesamt positiv: Für viele ist die zusätzliche Freizeit ein echter Gewinn. Für die eine passt es, für den anderen nicht – Flexibilität heisst das Zauberwort», so Wiesner weiter.
Die beiden Mitarbeiterinnen empfehlen die Viertagewoche weiter. «Ich finde das eine zeitgemässe Lösung», sagt Honegger. Kollegin Sagredo fügt an: «Wenn du deine drei freien Tage richtig nutzt, kann es richtig cool sein. Aber es muss meiner Meinung nach freiwillig bleiben, da die körperliche Belastung schon sehr hoch ist.»