Die japanische Justiz hat nach der spektakulären Flucht von Carlos Ghosn einen Haftbefehl gegen dessen Frau Carole (54) erwirkt. Ihr wird vorgeworfen, im vergangenen April bei einer Befragung durch die Staatsanwaltschaft vor Gericht Falschaussagen gemacht zu haben, berichten diverse Medien. Sie selbst bezeichnet dies als «Rache der japanischen Staatsanwälte».
Diese Aussage machte Carole Ghosn in der französischen Zeitung «Le Parisien». Die Partnerin des einstigen Star-Managers der Autoindustrie will auch nichts von den Fluchtplänen gewusst haben.
«Ich war mit meinen Kindern in Beirut, um Weihnachten zu feiern, und jemand rief mich an und sagte: ‹Ich habe eine Überraschung für dich›», so Carole Ghosn. «Es war die Überraschung meines Lebens. Wir trafen uns in der Wohnung meiner Eltern, ich umarmte Carlos ganz fest, mindestens fünf Minuten, bevor ich einen Ton herausbrachte.»
Pressekonferenz in Beirut
Carlos Ghosn will heute erstmals öffentlich sprechen. Er sei angespannt, sagte seine Frau. Es sei die wichtigste Rede seines Lebens. Carlos Ghosn, so seine Frau, sei das Opfer einer Verschwörung und des Krieges zwischen Renault und Nissan. Sie verteidigte seine Flucht aus Japan. «Carlos hatte nicht die Absicht, sich für Dinge schuldig zu bekennen, die er nicht getan hat.»
Nach Angaben von «Le Parisien» schloss Carole Ghosn in dem am Dienstagabend in Beirut geführten Gespräch auch eine Rückkehr nach Frankreich nicht aus. Es sei allerdings keine Option in der nahen Zukunft.
Ghosn, der in Japan unter anderem wegen Verstosses gegen Börsenauflagen angeklagt ist, war im vergangenen Monat unter Verstoss gegen Japans Kautionsauflagen überraschend in den Libanon geflohen.
Ghosn «war eine verdammte Geisel»
Ein ehemaliger Elite-Soldat der USA war vermeintlicher Fluchthelfer. Er äusserte sich diese Woche erstmals zum Fall Ghosn. Der einstige Militär und spätere Sicherheitsunternehmer hat es abgelehnt, über die Flucht von Ghosn aus Japan zu sprechen und ob er daran beteiligt war oder nicht, wie die «Financial Times» schreibt. «Im Endeffekt war der Kerl eine verdammte Geisel», soll er aber gesagt haben. «Wenn er aus Nordkorea oder China rausgekommen wäre, wäre es eine ganz andere Geschichte.»
Ghosn hat Japan nach bisherigen Erkenntnissen in einem Koffer verlassen. Das Gepäckstück hatte Löcher im Boden und ist eigentlich für Audio-Equipment bestimmt. Eine Firma aus Dubai hat den Privatflug, der Ghosn ausser Land brachte, offenbar für 175'000 Franken gechartert. (ise)