Ikea-Chefin erklärt Billigmöbel-Boom und dringt mit Schliessfach-Anlagen in Schweizer Wohngebiete
«Der Kunden-Andrang zeigt, wie Haushalte auf tiefe Preise angewiesen sind»

Die Umsätze gehen zwar zurück, dennoch werden die Einrichtungshäuser von Ikea überrannt. Im Interview erläutert Länderchefin Janie Bisset die Zahlen des letzten Geschäftsjahrs und kündigt eine Schliessfach-Expansion in vielen Schweizer Regionen an.
Publiziert: 00:00 Uhr
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Ganz aus dem Häuschen: Ikea-Schweiz-Chefin Janie Bisset freut sich über den Besucherrekord im Jahr 2025.
Foto: Thomas Meier
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Ulrich RotzingerWirtschaftschef

Wenn es um die Kaufkraft der Bevölkerung gehe, könne man gut die Nachfrage nach Ikea-Möbeln heranziehen, sagt Janie Bisset (45) am Telefon zu Blick. Laut der Chefin von Ikea Schweiz haben im abgelaufenen Geschäftsjahr so viele Kundinnen und Kunden wie noch nie in der 50-jährigen Firmengeschichte in den zehn Schweizer Einrichtungshäusern und im Onlineshop eingekauft. Es könne aber noch viel mehr gehen, stellt die Schottin in Aussicht.

Blick: Frau Bisset, die Leute rennen Ihnen offenbar die Läden ein. Worauf führen Sie das zurück?
Janie Bisset: Das hat sicher auch mit der unsicheren Lage in der Wirtschaft zu tun. Ein gemütliches Zuhause ist den Leuten wichtig – genauso wie das Budget. Zudem haben wir keine grossflächigen Preiserhöhungen durchgeführt. Im Gegenteil, wir haben die Preise auf Tiefniveau belassen. Das kommt besonders gelegen, wenn das Portemonnaie nicht so locker sitzt. Dass darum die Zahl der Familien in unseren Restaurants zugenommen hat, kann ich nur mutmassen.

Wie steht es um die Kaufkraft in der Schweiz?
Wir sehen täglich am Andrang der Kundinnen und Kunden, wie sehr die Leute auf Budget und ihre Ausgaben schauen müssen und darum auf tiefe Preise angewiesen sind. Sei es wegen des stetigen Anstiegs der Krankenkassenprämien oder der ständig steigenden Mieten.

Schauen Sie selbst auch aufs Geld?
Sie wissen ja, ich habe schottische Wurzeln (lacht). Ich überlege mir jedenfalls ganz genau, wofür ich mein Geld ausgebe.

Persönlich: Janie Bisset

Die Schottin Janie Bisset (45) ist seit Oktober 2023 Chefin von Ikea Schweiz. Gleichzeitig trägt sie die Verantwortung für Nachhaltigkeit im Unternehmen, das seinen Schweizer Sitz in Spreitenbach AG hat. Mit der Neueröffnung im Wallis betreibt Ikea hierzulande zehn Einrichtungshäuser. Bisset verbrachte ihre gesamte Berufslaufbahn beim schwedischen Möbelriesen, zuletzt als Länderverantwortliche für alle Ikea-Einrichtungshäuser in Westkanada. Bisset wohnt mit ihrem Ehemann Steve, den Teenagern Ivy und Aiden sowie den Hunden Meg und Max (Border Terrier) in der Nähe von Basel. Zeichnen, Wohndesign und viel Bewegung draussen in der Natur sind ihre grossen Leidenschaften.

Die Schottin Janie Bisset (45) ist seit Oktober 2023 Chefin von Ikea Schweiz. Gleichzeitig trägt sie die Verantwortung für Nachhaltigkeit im Unternehmen, das seinen Schweizer Sitz in Spreitenbach AG hat. Mit der Neueröffnung im Wallis betreibt Ikea hierzulande zehn Einrichtungshäuser. Bisset verbrachte ihre gesamte Berufslaufbahn beim schwedischen Möbelriesen, zuletzt als Länderverantwortliche für alle Ikea-Einrichtungshäuser in Westkanada. Bisset wohnt mit ihrem Ehemann Steve, den Teenagern Ivy und Aiden sowie den Hunden Meg und Max (Border Terrier) in der Nähe von Basel. Zeichnen, Wohndesign und viel Bewegung draussen in der Natur sind ihre grossen Leidenschaften.

Apropos ausgeben, wie erklären Sie den Umsatzrückgang trotz mehr Besuchern?
Das hat einen Zusammenhang mit den Preissenkungen von 2000 Produkten, die wir im letzten Jahr vorgenommen haben. Die Investitionen in tiefere Preise schultern wir selber und steuern diese über dünnere Margen. Für uns sind Umsatz und Gewinn nicht die einzigen Erfolgsfaktoren.

Wenn nicht an Umsatz und Gewinn, woran lassen Sie sich messen?
Wir haben in vielen Bereichen zugelegt. Neben dem Besucherrekord haben wir auch über 10 Prozent mehr Gäste in unseren Restaurants verzeichnet. Unser Online-Anteil steigt, und die Nachfrage nach unseren Secondhand-Angeboten hat sich verdoppelt. Den Bereich mit den gebrauchten Möbeln wollen wir in Zukunft weiter ausbauen.

Keystone
Besucherrekord, aber weniger Umsatz

Im Gegensatz zu den meisten Firmen hat Ikea Schweiz mit ihren gut 3500 Beschäftigten das Geschäftsjahr bereits abgeschlossen. Weil dieses jeweils vom 1. September bis 31. August läuft, kann Länderchefin Janie Bisset (45) nun über ihre Jahreszahlen für 2025 berichten. Auffallend: Der Umsatz liegt mit 1,21 Milliarden Franken um 2,3 Prozent tiefer als 2024. Dieser Rückgang sei unter anderem Preissenkungen geschuldet. Denn mit 13,9 Millionen Besuchenden haben so viele wie noch nie in der Firmengeschichte in den zehn Ikea-Einrichtungshäusern eingekauft. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einem Kunden-Wachstum von 2,5 Prozent. Knapp die Hälfte der jährlichen Kundschaft hat auch Ikea-Restaurants, -Bistros oder Schwedenshops besucht: Der Umsatz mit Köttbullar, Hotdogs und Co. kletterte um 2,8 Prozent.

Keystone

Im Gegensatz zu den meisten Firmen hat Ikea Schweiz mit ihren gut 3500 Beschäftigten das Geschäftsjahr bereits abgeschlossen. Weil dieses jeweils vom 1. September bis 31. August läuft, kann Länderchefin Janie Bisset (45) nun über ihre Jahreszahlen für 2025 berichten. Auffallend: Der Umsatz liegt mit 1,21 Milliarden Franken um 2,3 Prozent tiefer als 2024. Dieser Rückgang sei unter anderem Preissenkungen geschuldet. Denn mit 13,9 Millionen Besuchenden haben so viele wie noch nie in der Firmengeschichte in den zehn Ikea-Einrichtungshäusern eingekauft. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einem Kunden-Wachstum von 2,5 Prozent. Knapp die Hälfte der jährlichen Kundschaft hat auch Ikea-Restaurants, -Bistros oder Schwedenshops besucht: Der Umsatz mit Köttbullar, Hotdogs und Co. kletterte um 2,8 Prozent.

Sie wollen auch näher zu Ihren Kunden. Planen Sie ein neues Einrichtungshaus?
Wir prüfen sämtliche Arten von Expansion. Dazu gehört auch, wo sich ein elftes Einrichtungshaus überhaupt realisieren liesse. Priorität hat aber, das Einkaufen in den bestehenden Läden inspirierender zu gestalten. Und das Wachstum durch kleinere Formate und Abholstationen.

Lohnen sich die Abholstellen auf gewissen Aldi-Parkplätzen?
Wir haben die Kooperation mit Aldi im Februar 2025 gestartet. Wir haben gute Erfahrungen gemacht an Standorten wie Winterthur ZH, Aesch BL, Sevelen SG und bauen das Projekt mit den mobilen Abholstationen zusammen mit diversen Partnern aus. Für 2026 planen wir zudem, die Click-&Collect-Abholboxen, wie sie bei unseren Einrichtungshäusern stehen, auf externe Locations auszuweiten.

Das sind Schliessfächer-Anlagen, wie sie auch die Post mit den MyPost24-Automaten betreibt?
Sie funktionieren ähnlich. Die ersten drei Standorte mit den Abholboxen installieren wir im kommenden Jahr in Widnau SG, Anières GE und Bern. Weitere Städte werden folgen. Damit können Kunden ihre Ikea-Möbel in Wohnnähe bequem und ausserhalb irgendwelcher Öffnungszeiten abholen.

Wie ist der Stand bei den Mini-Filialen in Städten, die nicht immer so gut besucht sein sollen?
Nach Chur, Winterthur und Zürich City haben wir im vergangenen Monat in der Berner Innenstadt einen weiteren sogenannten Plan and Order Point eröffnet. Wir sind also zufrieden und suchen auch weitere Standorte für diese Formate in Wohnnähe. Servicedienstleistungen wie Beratung zur Küchenplanung gewinnen an Bedeutung, da bin ich überzeugt.

Anfang September, später als andere Detailhändler, hat Ikea ein Punkte-Sammelprogramm lanciert. Kommt das an?
Das Treueprogramm Ikea Family ist 2025 um mehr als 200'000 auf 2,5 Millionen Mitglieder gewachsen. Sie erhalten nun für 5 Franken Einkauf einen Treuepunkt, der dann gegen Bons eingetauscht werden kann. Mitglieder profitieren von vergünstigten Lieferungen, Gratisessen im Ikea-Restaurant und anderen Rabatten. 

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