Heute feiern die Brauer den Tag des Schweizer Bieres. Sie dürfen sich freuen: Immer mehr Schweizer Bier wird produziert. In den vergangenen drei Jahren sind 257 neue Brauereien entstanden. Im Umkreis der Stadt Zürich gibt es 500 Biersorten. Und jetzt steht mit der Fussball-EM ein Hochamt des Bierkonsums ins Haus.
Doch das Fest hat einen unangenehmen Beigeschmack. Denn die Pflanze, deretwegen das Bier bitter schmeckt und schäumt, wird rar. 2015 wurden in der Schweiz wegen Trockenheit und Hagel 38,5 Prozent weniger Hopfen geerntet. Weltweit liegen die Ausfälle bei einem Drittel.
«Diese Ernte war wohl die schlechteste seit unseren Aufzeichnungen», sagt Thomas Raiser (48), Verkaufsleiter des weltgrössten Hopfenhändlers Joh. Barth & Sohn in Nürnberg (D). Er verlor Millionen. Denn Raiser musste «in den meisten Fällen» die Lieferverträge nachverhandeln, mit denen Brauer ihren Hopfenbedarf auf Jahre absichern.
Einige bekamen weniger oder anderen Hopfen als gewohnt. Deshalb mussten manche ihre Rezepte umschreiben. Andere verzichteten auf einen Teil der Lieferung zugunsten einer grösseren im nächsten Jahr. Die Brauerei Amboss in Zürich etwa bekam ein Viertel weniger.
Die Ernten waren letztes Jahr doppelt schlecht: Der wichtige Bittergehalt des Hopfens war wegen der Hitze äusserst gering. Deshalb brauchten die Brauer mehr Hopfen für gleich viel Geschmack. Und sie mussten erst noch mehr bezahlen für den Rohstoff: «Für die Ernte 2015 zahlten wir durchschnittlich 50 Prozent mehr», so Ulrich Schmidt (53), Braumeister bei Rugenbräu in Interlaken BE.
Schlimmer noch trifft es Jungbrauer, die nicht langfristig planen und speziellen Aroma-Hopfen für ihre trendigen Bitterbiere und Ales brauchen. Den kaufen sie kurzfristig auf dem schrumpfenden Markt. Dort stiegen die durchschnittlichen Kilopreise bis auf das Fünffache (fünf auf 25 Franken). Der Spezial-Hopfen – ohnehin um ein Drittel teurer – kostet bis zu 45 Franken pro Kilo. In der Kleinbrauerszene spricht man von «frappierenden» Preisen, bei denen das Brauen sich «nicht mehr lohnt».
Die kleine Bierfactory in Rapperswil SG sucht fieberhaft nach erschwinglichem Hopfen. «Wir müssen die Rohstoffpreise einberechnen», heisst es vieldeutig auf die Frage nach möglichen Bierpreiserhöhungen. Rugenbräu und Müllerbräu in Baden AG wollen die Preisaufschläge zumindest vorerst nicht weitergeben.