Wenn es um die Prämienlast der Schweizerinnen und Schweizer geht, sind gute Nachrichten rar. Seit Jahren schiessen die Kosten aus der obligatorischen Krankenversicherung durch die Decke. Steigende Prämien sind zum Normalfall geworden.
Jetzt aber wartet Santésuisse, der Dachverband der Krankenversicherer, mit Neuigkeiten auf, die zumindest vordergründig eine Trendwende markieren. Laut einer aktuellen Erhebung des Verbands, die dem «Tages-Anzeiger» vorliegt, wurden über die obligatorische Krankenkasse im Jahr 2018 Bruttoleistungen von «nur» 32,6 Milliarden Franken vergütet – ein markanter Knick in der Aufwärtskurve.
Im Vergleich zu 2017 sind die Kosten lediglich um 0,47 Prozent gestiegen. Noch im Jahr davor betrug der Anstieg 3 Prozent. Im Mehrjahresschnitt waren es zuletzt 4 bis 5 Prozent. Bislang war die Quote seit dem Start der obligatorischen Versicherung 1996 nur einmal unter 2 Prozent gefallen, nämlich 2006.
Neuer Tarmed-Tarif soll Kosten gebremst haben
Noch bemerkenswerter ist die Entwicklung mit Blick auf die einzelnen Prämienzahler. Laut «Tages-Anzeiger» verursachte eine versicherte Person im letzten Jahr durchschnittliche Kosten von 3852 Franken. Das sind nur gerade 0,24 Prozent mehr als 2017. In den Jahren davor war der prozentuale Zuwachs zehnmal höher.
Mehrere Gründe haben dazu geführt, dass die Kosten weniger stark steigen: Laut Santésuisse betrifft die auffälligste Änderung des letzten Jahrs die Ärztelöhne. Im Herbst 2017 hatte SP-Bundesrat Alain Berset (46) – entgegen wütendem Protest aus der Ärzteschaft – eine Reform des sogenannten Tarmed-Tarifs durchgesetzt.
Der «alte» Tarmed galt als extrem intransparent und kostentreibend. Tatsächlich ist Bersets Reform gemäss Interpretation von Santésuisse einer der Gründe dafür, weshalb die Gesundheitskosten jetzt langsamer steigen.
Hinzu komme, dass das Bundesamt für Gesundheit (BAG) bei mehreren umsatzstarken Medikamenten tiefere Preise angeordnet habe. Wie stark die vorläufige Entspannung den alljährlichen «Prämienschock» im Herbst abmildern wird, ist laut Santésuisse ungewiss.
Santésuisse fordert Reformen
Alles in Butter? Mitnichten, denn das das Bundesamt für Gesundheit (BAG) gibt zu bedenken, dass es bei Ärzten und Spitälern zu «Abrechnungsverzögerungen» gekommen sei. «Wie sich diese auswirken, und ob die Verzögerungen schon vollständig aufgeholt sind, ist derzeit offen», sagt ein BAG-Sprecher.
Um die Kosten explodierender Gesundheitskosten in den Griff zu kriegen, fordert Santésuisse laut «Tages-Anzeiger», dass die Politik weitere Reformen vorantreibt: für tiefere Preise von Generika-Medikamenten, die Schliessung bestimmter Spitäler oder eine reduzierte freie Arztwahl. (zas)