Historische Auswertung des langfristigen Investierens
Wie du dein Vermögen richtig aufbaust – Analyse über 200 Jahre

Langfristiges Investieren lohnt sich – aber nicht überall gleich. Eine historische Datenanalyse über zwei Jahrhunderte zeigt, was funktioniert und was nicht.
Publiziert: 15:32 Uhr
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Der Zinseszins ist ein entscheidender Faktor im Aufbau eines Vermögens. Die Renditehöhe beeinflusst die Wertvermehrung überproportional.
Foto: imago/Depositphotos

Darum gehts

  • Langfristiges Investieren führt zu Wohlstand – Stabilität, Bewertung und Inflation sind wichtig
  • Stabilität und niedrige Verschuldung führen zu höheren Anlagerenditen
  • Schweden erzielte in den vergangenen 100 Jahren mit 7,5 Prozent jährlich die stärksten Aktienerträge

Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Luca Niederkofler
Cash

Langfristiges Investieren führt zu Wohlstand – zumindest in der Theorie. Doch wirklich langfristige Daten, die eine Grundlage für fundierte Investitionsentscheidungen bilden, gibt es überraschend spärlich. Die meisten Zeitreihen reichen nur wenige Jahrzehnte zurück.

Das Forschungsinstitut der Deutschen Bank hat nun in einer Studie Finanzdaten der vergangenen 200 Jahre aus 56 Ländern analysiert. Fazit: Die Investoren sollten ein Augenmerk auf Stabilität, Bewertung und Inflation legen.

Stabilität führt zu Wohlstand – Schulden bremsen

International betrachtet waren die besten Anlageorte der vergangenen 100 Jahre zugleich einige der stabilsten Volkswirtschaften. Schweden, Australien, Dänemark, die USA und auch die Schweiz gehören dazu.

Schweden hat mit 7,5 Prozent jährlicher Rendite die stärksten Aktienerträge erzielt, gefolgt von den USA und Australien mit 7,2 respektive 6,9 Prozent pro Jahr. Bei den Anleihen liegt Dänemark mit 3,5 Prozent pro Jahr an der Spitze, die dahinter liegenden Plätze besetzen Kanada (2,7 Prozent), Australien und Irland (beide 2,2 Prozent).

Artikel von Cash.ch

Dieser Artikel wurde erstmals auf Cash.ch publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.cash.ch.

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Diese Stabilität zeigt sich teilweise auch in den Währungen. Der Schweizer Franken gehört zu den nur drei Währungen, die sich seit 1924 gegenüber dem US-Dollar aufgewertet haben. Heute ist der Franken rund 541 Prozent wertvoller als der Greenback, der Singapur-Dollar etwa 40 Prozent und der niederländische Gulden (später in Euro umgerechnet) rund ein Drittel.

Länder mit geringer Stabilität oder hoher Verschuldung erzielten dagegen niedrigere Renditen. Dies trifft besonders auf Italien und Japan zu; beide gehörten zu den Verlierern des Zweiten Weltkriegs. In Italien belastete die anschliessend ausgeprägte politische Instabilität mit zahlreichen Regierungswechseln die Anlagerenditen, in Japan das aussergewöhnlich hohe Schuldenniveau. Bemerkenswert ist jedoch, dass italienische Aktien in den vergangenen fünf Jahren unter den entwickelten Märkten die besten realen Renditen erzielten – zeitgleich mit einer neu gewonnenen Stabilität.

Die realen Aktienrenditen in Italien und Japan liegen seit über 100 Jahren im Durchschnitt bei minus 1,1 Prozent pro Jahr. Frankreich – ebenfalls Opfer dauerhaft hoher Schulden – verzeichnet in der gleichen Periode eine Jahresrendite von minus 0,5 Prozent. Die Renditedifferenz zu Spitzenreiter Schweden ist damit enorm.

Bewertungen sind zentral

In Bezug auf Renditen spielen Einstiegsbewertungen eine fundamentale Rolle. Wer in überdurchschnittlich bewerteten Regionen investiert, muss mit einer niedrigeren Rendite rechnen, als wenn das Bewertungsniveau unter dem Durchschnitt liegt – und zwar unabhängig davon, ob man die Bewertung über das zyklisch bereinigte Kurs-Gewinn-Verhältnis (Cyclically adjusted price-to-earnings ratio, Cape), das klassische KGV oder die Dividendenrendite misst.

Laut der Deutschen Bank betrugen die Renditen der nachfolgenden 70 Jahre in einem tief bewerteten Umfeld rund 20 Prozent. In hoch bewerteten Märkten erzielten die Anleger dagegen etwa 11 Prozent pro Jahr. Der US-Markt ist in diesem Zusammenhang ein interessanter Fall: Die Renditen waren hier in jüngster Zeit aussergewöhnlich hoch, trotz stattlichen KGV- und Cape-Bewertungen sowie historisch tiefen Dividendenrenditen. Das ist laut Deutscher Bank jedoch die Ausnahme und nicht die Regel, weder international noch historisch betrachtet. Denn selbst in den USA spielten Bewertungen über längere Zeiträume die entscheidende Rolle. 

Laut dem Finanzinstitut waren die aktuellen Cape-Werte des US-Marktes in den vergangenen 100 Jahren nur einmal höher: während des Entstehens der Dotcom-Blase im Jahr 2000. Die realen Zehnjahresrenditen nach dieser Phase fielen negativ aus. Die Experten sehen Parallelen zu heute. Berechnungen zufolge dürfte die Durchschnittsrendite für US-Aktien für die nächsten zehn Jahre bei rund minus 2,5 Prozent liegen.

Für niedrige Bewertungen spricht auch die Höhe der Dividendenrenditen. Diese haben durchschnittlich zu 12,8 Prozent Portfoliorendite pro Jahr geführt. Portfolios mit niedrigen Dividenden haben dagegen in den vergangenen 200 Jahren nur 9,3 Prozent pro Jahr erzielt.

Inflation wird unterschätzt

Beim langfristigen Vermögensaufbau nimmt die Inflation eine zentrale Stellung ein. Mit Blick nach vorn äussert die Deutsche Bank diesbezüglich Bedenken, denn Prognosen berücksichtigen politisch bedingte Inflation in langfristigen Modellen kaum. Seit 1971 hat keine Volkswirtschaft im Durchschnitt eine jährliche Inflation von unter zwei Prozent erreicht, obwohl die Zwei-Prozent-Marke seit Jahrzehnten die Berechnungsgrundlage vieler Finanzmodelle und Leitlinien der Zentralbanken darstellt.

Damit verweisen die Verfasser der Studie auf etwas sehr Wichtiges: Um mittel- bis langfristig hohe Anlageergebnisse zu erzielen, ist es notwendig, kurzfristige Anlagerisiken einzugehen und Dividenden sowie Coupons von Aktien und Anleihen zu reinvestieren. Das Fazit wirkt etwas paradox, ist aber nachvollziehbar: «In einem inflationsgeprägten Umfeld wie dem heutigen kann es paradoxerweise auf lange Sicht deutlich riskanter sein, Bargeld zu halten.»

Diesen Schluss unterlegt die Deutsche Bank mit handfesten Beweisen. Die Auswertung von 200 Jahren globaler, inflationsbereinigter Renditen (in US-Dollar) zeigt, dass Aktien die beste Anlageklasse waren. Sie erzielten im Schnitt 4,9 Prozent Rendite pro Jahr, ein 60/40-Portfolio bestehend aus Aktien und Obligationen kam auf 4,2 Prozent, Staatsanleihen auf 2,6 Prozent, Geldmarktpapiere auf 1,9 Prozent und Gold auf 0,4 Prozent. Nur Bargeld verlor real 2,0 Prozent pro Jahr an Wert. Langfristig gesehen war Cash also in der Tat riskanter.

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