Im Februar 2018 zog Coop gegen Nestlé ins Feld, im Januar 2019 boykottiert der Detailhändler Produkte des Mars-Konzerns. Whiskas, Uncle Ben's und Kellogg's verschwinden aus den Regalen, sehr zum Ärger der Kunden, die ihre Lieblingsprodukte von einem Tag auf den anderen nicht mehr gefunden haben. «Im Moment ist dieser Artikel leider nicht lieferbar», hiess es lapidar an den Gestellen. Hinter den Kulissen tobte aber jeweils ein erbitterter Kampf um tiefere Einkaufspreise.
An leere Regale dürften sich die Konsumenten langsam gewöhnen müssen. Der Grund: Das Einkaufsbündnis Agecore – zu dem neben Edeka, Intermarché und weiteren grossen europäischen Detailhändlern auch Coop gehört - tritt gegenüber vielen seiner Lieferanten mit neuer Härte auf. Das schreibt die «Lebensmittel-Zeitung». Die nationalen Jahresgespräche mit den Lieferanten sollen künftig gebündelt werden.
Das sind «Boykottdrohungen»
Für Europas Konsumgüterkonzerne verschlechtern sich die Geschäftsbedingungen seit Jahren. Und jetzt noch diese Allianz der grössten Detailhändler. Da ist Widerstand vorprogrammiert: Vertreter der Industrie bezeichnen das Vorgehen denn auch als «Boykottdrohung».
Die Einkaufs- und Preisverhandlungen mit den Lieferanten sollen künftig nach einem neuen Regime abgehalten werden. Nach den neuen Regeln sollen den Herstellern laut der «Lebensmittel-Zeitung» schon dann Sanktionen drohen, wenn sie innerhalb einer gesetzten Frist mit nur einem der sechs Agecore-Händler nicht zu einem Geschäftsabschluss kommen.
Die Grossen wollen die Preise drücken
Damit nicht genug: Gleichzeitig zu den zähen Verhandlungen mit den sechs wichtigsten Händlern Europas müssen die Lieferanten laut dem Bericht weiter Verhandlungen mit Agecore-Chef Gianluigi Ferrari über Zusatzvereinbarungen führen, die für das ganze Bündnis gelten. Das Ziel der Neuerungen: Die Preise im Einkauf weiter drücken.
Vertreter der Hersteller reagieren sauer auf die neuen Spielregeln. Der französische Industrieverband will die Behörden einzuschalten. Der deutsche Markenverband äussert sich gegenüber der «Lebensmittel-Zeitung»: «Die systematischen Boykottaufrufe als Verhandlungsstrategie offenbaren endgültig den wahren Charakter als Anzapfallianzen.» Boykottaufrufe seien nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen verboten.
Wetten, dass in diesem Knatsch zwischen den mächtigsten Detailhändlern und den wichtigsten Lieferanten das letzten Wort noch längst nicht gesprochen ist?