Der Auftrag zielt auf einen hoch sensiblen Bereich des schweizerischen Staatswesens ab: die amtlichen Publikationen des Bundes. Die Unterabteilung der Bundeskanzlei ist dafür verantwortlich, dass die Systematische Rechtssammlung, die Amtliche Sammlung und das Bundesblatt korrekt geführt werden.
Bei solchen Worten schlägt jedes Bürokratenherz höher. Doch heute steht das System auf wackligen Füssen. Die IT ist veraltet und bedarf dringend einer Revision. Die Bundeskanzlei hat den Auftrag im letzten November öffentlich ausgeschrieben.
Nun steht der Gewinner fest: die Firma European Dynamics SA, Athen, Griechenland. Sie soll das bestehende ablösen und eine langfristige Nachfolgelösung aufbauen. Zudem wird sie für Support, Wartung, Weiterentwicklung und Schulung verantwortlich sein.
Laut Bundeskanzlei haben die Griechen das Rennen dank dem Preis für sich entschieden. Auch bei den Qualifikationskriterien hätten sie aber «in allen Bereichen eine hohe Punktzahl erreicht», so die Behörde.
Badran: «einheimische Produktion bevorzugen«
Dennoch stellen sich Fragen: Kann das eine griechische Firma? Und warum kann das keine Schweizer Firma?
SP-Nationalrätin und IT-Unternehmerin Jacqueline Badran teilt die Skepsis: «Wir müssen uns entscheiden zwischen globalem Wettbewerb und Heimatschutz», sagt sie. Und fügt an: «Ich persönlich würde mich für die Bevorzugung der einheimischen Produktion aussprechen.» Doch angesichts der WTO-Regeln habe der Bund da kaum einen Spielraum.
Die IT für die Bundeskanzlei ist nicht die erste Auftragsvergabe, die für politischen Wirbel sorgt. Vor vier Jahren lieferte die tschechische Firma Antikhaus spol s.r.o. in Rychnov neue Fenster fürs Bundeshaus. Reihum reagierten Politiker und Gewerkschafter damals mit Empörung und forderten Schweizer Fenster für das Schweizer Parlamentsgebäude.
Dabei ging es damals ging es um einen kleinen Fisch. Die Fenster kosteten gerade mal 1,5 Millionen Franken. Diesmal steht ungleich mehr auf dem Spiel: Für das neue IT-System fliessen 10 Millionen Franken nach Athen. Zudem läuft der Auftrag über 16 Jahre hinweg. Da kann man nur hoffen, dass die Griechen bis 2032 alle Krisen heil überstehen.
Griechen mussten Fallbeispiele lösen
Die Bundeskanzlei verteidigt die Vergabe. «Die Firma European Dynamics wie auch die anderen Offertsteller mussten im Rahmen der Ausschreibung Referenzprojekte nachweisen, in denen vergleichbare Projekte durchgeführt wurden», sagt Bundeskanzlei-Sprecher René Lenzin. Darüber hätten sie sie ihre wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit belegen müssen. Um ganz sicher zu gehen, liess die Bundekanzlei die Bewerber zudem Fallbeispiele lösen, die konkret auf ihre Bedürfnisse abgestimmt waren. (gs)