Darum gehts
- Generationengraben in Führungsetagen: Junge besorgt, Ältere gelassener
- 75 Prozent der Jungen besorgt über Veränderungen, nur 33 Prozent der Älteren
- Junge Führungskräfte fordern wertebasiertes Handeln und politisches Engagement von Unternehmen
In der Teppichetage tut sich ein Generationengraben auf: Junge Führungskräfte glauben, dass die alte Weltordnung mit klaren Regeln für Handel, Politik und Wirtschaft definitiv zu Ende sei. Ältere Führungskräfte dagegen sehen die aktuelle Zeit mit Zöllen, Handelskonflikten und bewaffneten Konflikten deutlich gelassener. Sie glauben, dass die struben Zeiten auch mal wieder vorbeigehen würden und sich die alte Ordnung auch wieder einpendeln könnte.
Der Unterschied ist gross: Knapp drei Viertel der Jungen machen sich echte Sorgen über all die Veränderungen, die in immer schnellerer Abfolge über die Gesellschaft hereinbrechen, während dies gerade mal gut ein Drittel der Älteren wirklich umtreibt.
Jugend im Krisenmodus
Das geht aus einer Studie hervor, die das Nuremberg Institute of Market Decisions (NIM) im Auftrag des St. Gallen Symposiums erstellt hat. Für die Studie, die Blick exklusiv vorliegt, wurden über 800 junge Führungskräfte unter 35 und knapp 300 ältere über 50 Jahren befragt.
Eine der Studienteilnehmerinnen ist Kay von Mérey (28), mit Berufserfahrung im Finanzbereich, in der Pharmaindustrie und beim IKRK, bevor sie den Circle of Young Humanitarians mitbegründete. «Finanzkrise, Klimakrise, Corona, Krieg in der Ukraine. Wir Jungen sind mit Krisen aufgewachsen. Das hat uns geprägt.» Das Resultat kann von Mérey also nicht überraschen.
Die Krisenerfahrung prägt auch das Führungsverhalten der Jungen. Für sie ist klar: Firmen müssen sich zu ihren Werten bekennen und diese auch in politisch schwierigen Absatzmärkten durchsetzen. «Die Jungen setzen mehr auf ein langfristig zukunftsorientiertes Handeln und möchten nicht, dass ihre Firmen politisch nur an der Seitenlinie stehen», so von Mérey. Eine Ansicht, die rund vier Fünftel der jungen Führungskräfte teilen. Etwa die Hälfte der älteren dagegen bevorzugen eine politisch neutrale Haltung einer Firma.
Auch wenn die junge Gründerin selbstkritisch eingesteht: «Es ist ein schwieriger Spagat zwischen wertebasiertem Handeln und den wirtschaftlichen Interessen eines Unternehmens.»
Wege aus dem Grabenkampf
Was also braucht es, damit sich der Generationengraben in der Teppichetage nicht noch weiter öffnet – oder sich sogar wieder etwas schliesst? Nicht nur Worte, sondern auch Taten, ist von Mérey überzeugt: «Alle finden es gut und wichtig, dass man den jungen Leuten eine Stimme gibt, allerdings hapert es oft an der konkreten Umsetzung ihrer Anliegen.» Dazu kommt ein Wahrnehmungsproblem: Zwei Drittel der Jungen spüren Widerstände gegen mehr generationenübergreifende Zusammenarbeit im Management, während die grosse Mehrheit der Älteren diese als bereits umgesetzt ansieht.
Für die Jungen ist klar: Sie wollen die Macht in einer Firma auf mehr – und vor allem auch auf jüngere und wohl auch weibliche – Schultern verteilen. Macht abzugeben, ist aber gerade für gestandene Topmanager keine einfache Sache. «Zukunft gelingt nur, wenn der Mut der Jungen und die Erfahrung der Älteren zusammenspielen», sagt von Mérey diplomatisch.
Oder anders ausgedrückt: Mutlose Alte in den Chefetagen bremsen die forschen und mutigen Jungen aus.