Ein Ruck ging Ende März durch die Coiffeurbranche: Gewerkschaften und Arbeitgeber haben sich auf einen neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) geeinigt. Vereinbart wurden Mindestlöhne auch für Coiffeure ohne anerkanntes Diplom.
Damit wird die Lücke geschlossen, die bislang Lohndumping ermöglichte, berichtete BLICK im Frühjahr. Allerdings: Trotz neuem GAV werden munter weiter Tiefstlöhne ausbezahlt, heisst es bei den Gewerkschaften.
Das Problem: Der Bund, genauer gesagt das Bundesamt für Wirtschaft (Seco), hat den GAV noch nicht für allgemein verbindlich erklärt. Spätestens im November hätte dies der Fall sein sollen. Laut Verband Coiffure Suisse dauert es vom Antrag auf Allgemeinverbindlichkeit beim Bund bis zur Ratifizierung drei bis sechs Monate.
«Der neue GAV liegt nach wie vor beim Seco»
Diese Zeit ist um. Damien Ojetti, Präsident von Coiffure Suisse: «Der neue GAV liegt aber nach wie vor beim Seco.» Im Moment sei deshalb noch der bisherige GAV gültig. Mehr wollen die Coiffeure dazu nicht sagen, lassen aber durchblicken, dass der Bund in Verzug ist.
Bis Ende Jahr wird sich nichts mehr tun. «Ein Inkrafttreten der Allgemeinverbindlichkeitserklärung ist nicht mehr möglich», sagt eine Seco-Sprecherin. Von einem Verzug will sie nichts wissen. «Wir sind daran, das Gesuch der Sozialpartner zu bereinigen.» Und das sei nicht allein vom Seco abhängig.
«Das Seco muss vorwärtsmachen»
Die Gewerkschaften sehen das anders, auch sie spielen den Ball zurück ans Bundesamt. «Wir hatten mit einer Inkraftsetzung im vierten Quartal gerechnet. Nun muss das Seco vorwärtsmachen», fordert Unia-Sprecherin Leena Schmitter. «Ohne neuen GAV können Salons, die die neuen Mindestlöhne nicht respektieren, nicht sanktioniert werden.» Sie hofft, dass der Bund den GAV Anfang 2018 ratifiziert.
Weil nach Bereinigung durch das Seco das Gesuch aber erst noch publiziert werden muss und dann eine Einsprachefrist von einem halben Monat anläuft, kann es dauern. So lange können schwarze Schafe unter den Coiffeuren weiter ihre Mitarbeiter ausbeuten.