Den Nachbarländern sind sie schon lange ein Dorn im Auge: Reiche, die in die Schweiz ziehen, um Steuern zu sparen. Der Fall von Johnny Halliday, der vor dem Fiskus nach Gstaad BE geflohen war, ist in Frankreich nicht vergessen. Zu reden geben auch griechische Milliardäre, die ihren Steuersitz in Gstaad haben, während ihre Heimat im Schuldensumpf versinkt.
Die Superreichen profitieren von der sogenannten Pauschalsteuer, die sie gegenüber normalen Steuerpflichtigen massiv bevorzugt. 2012 bezahlten 5600 Pauschalbesteuerte 695 Millionen Franken. Noch 2014 wird das Stimmvolk über die Zukunft dieser Steuer befinden. Morgen Montag berät der Nationalrat die Initiative der Linksalternativen.
Steuern analysiert
SonntagsBlick hat zusammen mit einem Steuerexperten, der anonym bleiben will, die Zahlen für die Gemeinde Saanen BE analysiert, zu der auch Gstaad gehört. Dort zahlen 180 Pauschalbesteuerte rund vier Millionen Franken.
Fazit des Fachmanns: Selbst hundertfache Millionäre zahlen kaum mehr als 150'000 Franken Gemeindesteuern. Gleich viel könnte Saanen von acht normalbesteuerten Ehepaaren kassieren, deren steuerbares Einkommen je 300'000 Franken beträgt.
Vorschriften nicht umgesetzt
«Die Analyse legt den Schluss nahe, dass die Vorschriften zur Aufwandbesteuerung nicht konsequent umgesetzt werden», kritisiert der Experte, der die Verhältnisse im Berner Oberland bestens kennt. Das Gesetz schreibe vor, dass Pauschalbesteuerte ihre gesamten Lebenshaltungskosten sowie die ihrer Angehörigen in der Schweiz und im Ausland angeben.
Daraus berechne sich die Steuer. Gemäss seinen Berechnungen dürften die Superreichen in Gstaad vergleichsweise bescheidene Summen von 400'000 bis 800'000 Franken für ihre Lebenshaltung angeben. «Das deckt kaum die Kosten der Liegenschaften in der Schweiz und im Ausland.» Vieles mehr, das zu einem teuren Lebensstil gehöre, sei damit noch nicht bezahlt.
Bevorzugung für Superreiche
Der Saaner Gemeindepräsident Aldo Kropf (62) widerspricht: «Die Kritiker wollen nicht einsehen, dass nicht nur Superreiche pauschal besteuert werden.» Die meisten seien mittelständische Familien. Das werde sich zeigen, wenn 2016 das verschärfte Steuergesetz in Kraft tritt. «80 Prozent der heute bei uns Pauschalbesteuerten kommen nicht auf die Mindestgrenze von 400'000 Franken Einkommen.» Die Analyse aber errechnet selbst dann eine Bevorzugung für Superreiche, wenn 80 Prozent der Pauschalbesteuerten nur gering belastet sind.
Die niedrige Belastung von Milliardären stösst rundum auf Unverständnis. Jüngst nannten vier bürgerliche Schwyzer Politiker Pauschalbeträge «nicht nur lächerlich, sondern ungerecht und unsozial» gegenüber den normalbesteuerten Bürgern. Die Berner SP-Finanzpolitikerin Margret Kiener Nellen stösst sich generell an der Ungleichbehandlung: «Solche Sondergesetze haben in einem Rechtsstaat nichts verloren.»