GAV garantiert Müttern die Rückkehr in den Job
Die Post machts vorbildlich

Das Schweizer Gesetz schützt Frauen vor Kündigungen während der Schwangerschaft. Doch Kündigungen nach dem Mutterschaftsurlaub sind erlaubt und haben gar System. Die Post schob dieser Unsitte einen Riegel.
Publiziert: 13.02.2019 um 23:21 Uhr
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Aktualisiert: 15.02.2019 um 07:32 Uhr
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Der Gesamtarbeitsvertrag der Post kennt für Frauen nach dem Mutterschaftsurlaub eine Garantie für die Rückkehr in den Job.
Foto: Keystone
Claudia Gnehm

Der erste Arbeitstag nach dem Mutterschaftsurlaub ist für Arbeitgeber die erste legale Gelegenheit, Mütter zu entlassen. Und sie tun es offenbar oft, wie Dutzende Mütter BLICK berichten, nachdem sie über die Mutter Julia H. gelesen haben. Ihr wurde trotz Bestätigung für eine Weiterbeschäftigung nach dem Mutterschaftsurlaub gekündigt.

Während Unternehmen in Ländern wie Deutschland arbeitswilligen Müttern nach der Elternzeit gar eine Pensenreduktion garantieren müssen, sind diese hierzulande dem freien Markt ausgeliefert. Dennoch enthalten diverse Gesamtarbeitsverträge (GAV) eine Absichtserklärung oder sogar eine Garantie für die Rückkehr nach dem Mutterschaftsurlaub. Am weitesten geht die Post. «Es besteht eine Garantie auf Rückkehr an die angestammte Arbeitsstelle», heisst es im Post-GAV.

Niemand begründet Kündigung mit Mutterschaft

Die SBB wiederum halten ihre Vorgesetzten in Merkblättern dazu an, die Teilzeitwünsche der Mütter nach der Rückkehr zu «prüfen». Laut SBB-Sprecher Daniele Pallecchi braucht es für arbeitswillige Mütter keine Rückkehrgarantie. «Eine Entlassung wegen Mutterschaft widerspräche dem Gleichstellungsgesetz», sagt er. Damit hat er zwar recht. Doch in der Realität werden die Kündigungen nach der Rückkehr auch nicht mit Mutterschaft begründet, sondern fast ausnahmslos mit wirtschaftlichen Aspekten.

Als Staatsbetrieb sprechen die SBB aus wirtschaftlichen Gründen keine Entlassungen aus. Damit ist die Bundesbahn allerdings eine Ausnahme. Denn das Arbeitsgesetz lässt Kündigungen aus wirtschaftlichen Gründen zu. Dass ein Arbeitgeber wirtschaftliche Gründe nur vorgeschoben hat, ist kaum nachweisbar.

Wüthrich fordert Ombudsstelle

Nach den Aussagen von Müttern im BLICK, die im Arbeitsmarkt diskriminiert werden, geht der Berner SP-Nationalrat Adrian Wüthrich in die Offensive. «Ich plane, in der Frühlingssession eine Motion einzureichen, die vom Bund eine Ombudsstelle für Elterndiskriminierungen fordert», sagt er gegenüber BLICK.

Die Eltern sollen sehr einfach Diskriminierungen melden können. Ähnlich wie der Preisüberwacher soll diese Stelle den Fällen nachgehen, Empfehlungen abgeben und Untersuchungen vornehmen können bei Vorliegen von Verdachtsmomenten. Festgelegt werden soll das laut Wüthrich in der Gleichstellungsregulierung.

Der Präsident des Gewerkschaftsdachverbands Travailsuisse will aber mehr als ein Ende der Diskriminierungen von Schwangeren und Müttern. «Es geht auch gar nicht, dass Arbeitgeber Frauen nach ihrer Familienplanung und ihrem Kinderwunsch fragen», betont er.

Nach den Aussagen von Müttern im BLICK, die im Arbeitsmarkt diskriminiert werden, geht der Berner SP-Nationalrat Adrian Wüthrich in die Offensive. «Ich plane, in der Frühlingssession eine Motion einzureichen, die vom Bund eine Ombudsstelle für Elterndiskriminierungen fordert», sagt er gegenüber BLICK.

Die Eltern sollen sehr einfach Diskriminierungen melden können. Ähnlich wie der Preisüberwacher soll diese Stelle den Fällen nachgehen, Empfehlungen abgeben und Untersuchungen vornehmen können bei Vorliegen von Verdachtsmomenten. Festgelegt werden soll das laut Wüthrich in der Gleichstellungsregulierung.

Der Präsident des Gewerkschaftsdachverbands Travailsuisse will aber mehr als ein Ende der Diskriminierungen von Schwangeren und Müttern. «Es geht auch gar nicht, dass Arbeitgeber Frauen nach ihrer Familienplanung und ihrem Kinderwunsch fragen», betont er.

Während Mitarbeiterinnen der Post und SBB nach der Geburt des Kindes Gewissheit auf Weiterbeschäftigung haben, machen andere Firmen immerhin Bekenntnisse. So enthält der GAV des Discounters Lidl eine Absichtserklärung, «Mitarbeitende nach dem Mutterschaftsurlaub auf Wunsch zu einem reduzierten Pensum in der gleichen oder einer vergleichbaren Funktion weiter zu beschäftigen».

Generelle Garantien gefordert

Etwas schwammig ist da der GAV von Migros. Mütter haben ein «bedingtes Recht» auf Wiederanstellung innert zwölf Monaten nach dem Mutterschaftsurlaub, sofern ein freier, passender Arbeitsplatz vorhanden ist.

Irene Darwich von der Gewerkschaft Syna sieht einen grossen Widerspruch zwischen der Wirtschaft, die immer betont, weibliche Fachkräfte zu benötigen, und der Realität, wonach es viele Mütter nicht mehr in den Arbeitsprozess schaffen. Syna fordert, dass Mütter nach dem Schwangerschaftsurlaub während mindestens sechs Monaten eine garantierte Wiederbeschäftigung erhalten, auf Wunsch auch zu einem reduzierten Pensum.

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