Die Deutschen zieht es nicht mehr so zahlreich in die Schweiz wie noch vor einigen Jahren. Der Rückgang ist dramatisch, wie eine kürzlich veröffentlichte Studie des Staatssekreatriats für Wirtschaft (Seco) zeigt. Kamen 2008 noch 29'000 Deutsche, waren es im letzten Jahr nur noch 5'600.
«Dramatisch» ist auch das Wort, dass der renommierte Headhunter Guido Schilling für diese Entwicklung benutzt. Denn der Rückgang der Deutschen habe Auswirkungen auf Spitzenjobs in Schweizer Unternehmen. In seinem neuesten Newsletter warnt Schilling: «Wollen wir unsere Unternehmen in der Champions League halten, können wir auf die Spitzenspieler aus Deutschland schlicht nicht verzichten.»
Nur noch ein deutscher CEO in SMI-Konzern
Den Rückgang der Deutschen in Geschäftsleitungen macht sich laut Schilling seit der Finanzkrise bemerkbar. Standen 2009 noch fünf deutsche CEOs einem SMI-Konzern vor, sei es heute mit Ulrich Spiesshofer bei ABB nur noch einer. Im nächsten Jahr dürfte mit Ulf Mark Schneider bei Nestlé allerdings wieder einer dazustossen.
Bei den 100 grössten Schweizer Unternehmen, die Schilling im Rahmen des bekannten «Schillingreports» jährlich untersucht, zeigt sich ein ähnliches Bild: 2009 traten netto noch 13 Deutsche in die Geschäftsleitungen dieser Unternehmen ein, von 2011 bis 2015 zeigte sich fast durchgehend ein negativer Saldo.
Bessere Wirtschaftsaussichten in Deutschland
Den Grund für diese Entwicklung ortet Schilling im Deutschen-Bashing, das auch bei Spitzenleute einen negativen Beigeschmack hinterlassen habe. Bedeutsamer sei jedoch der wirtschaftliche Ausblick in beiden Ländern: Während die Schweiz mit den Auswirkungen des starken Frankens und der Unsicherheit bezüglich der Weiterentwicklung der Beziehungen zur EU kämpfe, profitiere Deutschland von einer robusten Konjunktur.
Nicht genügend einheimisches Personal
Ohne die Deutschen wird es eng, warnt Schilling. Die Schweizer Wirtschaft verfüge nämlich über weit mehr höchst anspruchsvolle Führungspositionen, als dass sich diese nur mit in der Schweiz ansässigen Personen besetzen liessen. Deutschland habe sehr viele hervorragend ausgebildete Führungskräfte. Hinzu komme, dass die Deutschen unsere Sprache sprächen und unserer Arbeitskultur sehr nahe stünden. Insbesondere bei mittelgrossen Unternehmen, in denen deutsch gesprochen werde, falle diese Nähe ins Gewicht.