Führend bei der Innovation, schwach bei der Gleichberechtigung
Der Schweizer Tech-Branche fehlen die Frauen

Die Schweiz rühmt sich gerne als innovativ und wettbewerbsfähig. Was aber den Frauenanteil in der aufstrebenden Tech-Branche anbelangt, ist das Land hoffnungslos rückständig. Als Grund dafür gelten stereotype Geschlechtermodelle und ein System, das Mütter straft.
Publiziert: 29.07.2019 um 13:07 Uhr
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Digitalisierung in der Schule ist ein grosses Thema – dennoch fehlt es an Frauen in Tech-Jobs.
Foto: Keystone

Traditionelle Familienmodelle und mangelndes Selbstvertrauen – dies seien die Hauptgründe, weshalb Frauen in der Schweiz Mühe hätten, Arbeitsplätze auf wissenschaftlichem oder technischem Gebiet zu finden. Gerade in der aufstrebenden IT-Branche bleibt das Geschlechtsgefälle markant.

Die Schweiz gilt zwar weltweit als führend bezüglich Innovation und Wettbewerbsfähigkeit. Wenn es aber um die «Maximierung weiblicher Talente in Wissenschaft und Technologie geht, liegt das Land diskussionslos zurück», berichtet das Infoportal «swissinfo.ch».

Fallbeispiel Swisscom: Neun von zehn Bewerbungen, die das Unternehmen für offene Stellen erhält, werden von Männern eingereicht. Das sagt Jelena Pejic, Talent Acquisition Managerin bei Swisscom.

Frauen bewerben sich für Praktikum statt Job – trotz Erfahrung

Demnach ist auch nur jede rund zehnte IT-Fachkraft in der Schweiz eine Frau, während die Nachfrage nach solchen Spezialisten weltweit ansteigt. Allein in der Schweiz werden bis 2026 rund 40'000 digitale Fachkräfte fehlen.

Den Grund dafür sieht Priska Burkhard, Mitgründerin des IT-Stellenvermittlers für Frauen TechFace, im mangelnden Selbstbewusstsein von Schweizer Frauen. Sie hätten oft Angst, akzeptiert zu werden, oder fühlten sich zu alt oder unerfahren, um sich für einen Job in der Tech-Branche zu bewerben.

«Manchmal höre ich sogar», so Burkhard, »dass sie sich für ein Praktikum statt für einen richtigen Job bewerben, obwohl sie viele Jahre Erfahrung haben.»

Männer wollen Job trotz fehlender Qualifikationen

Männer wiederum bewerben sich eher, auch wenn ihnen Qualifikationen fehlen. Grund dafür sei oftmals auch das berufliche Kontaktnetz, das Schweizer Männer traditionell schon in der Armee aufbauen. Das fehle Frauen, und viele würden sich nach wie vor an das traditionelle Rollenmodell halten und nach der Geburt eines Kindes zu Hause bleiben.

«Die Gesellschaft ist immer noch sehr geschlechtsstereotyp», sagt Laura Seifert von WeSpace, einer Arbeitsplattform für Frauen. «Das Steuersystem und das Sozialversicherungssystem geben ein nur sehr kurzes Zeitfenster, um nach der Geburt wieder an den Arbeitsplatz zurückzukehren.»

Die meisten Frauen bleiben zu Hause, so Seifert, weil es die Gesellschaft von ihnen erwartet – und dann fallen sie in die alten Rollenmodelle der Geschlechter zurück. (kes)

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