Er ist nicht mehr Chef im eigenen Haus. Jan Schoch (40) wurde gestern als Chef der Derivate-Boutique Leonteq, die er vor zehn Jahren gegründet hatte, per sofort abgesetzt.
Schoch scheidet aus der Geschäftsleitung aus und wird strategischer Berater. Der Posten wurde extra für ihn geschaffen. Interims-Chef wird Finanzchef Marco Amato, der erst seit gut einem Jahr bei Leonteq arbeitet.
Schoch wurde als Wunderkind bejubelt
Branchenkenner sehen die Entmachtung von Schoch als Coup von Rainer-Marc Frey (54). Der frühere UBS-Verwaltungsrat, der als Hedge-Fonds-Manager ein Milliardenvermögen machte, ist der neue starke Mann bei Leonteq. Er zeigte erneut den richtigen Riecher: Im März war er als Grossaktionär bei Leonteq eingestiegen – wenige Tage, nachdem die Aktie ihren Tiefststand von 25.55 Franken erreicht hatte.
Seither bläst ein neuer Wind bei Leonteq. Der Appenzeller Schoch hatte die Firma aus dem Nichts aufgebaut. In Finanzkreisen wurde er als Wunderkind bejubelt. Auch die Genossenschaftsbank Raiffeisen wurde auf ihn aufmerksam. Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz (61) wollte mit Leonteq den Sprung in die Finanz-Avantgarde schaffen.
Raiffeisen-Millionenverlust mit Leonteq-Beteiligung
2013 stieg Raiffeisen mit ihrer Privatbank-Tochter Notenstein bei Leonteq ein. Damals lief das Geschäft mit strukturierten Produkten blendend. Drei Jahre nach dem Börsengang 2012 hatte sich der Wert der Leonteq-Aktie mit 233 Franken im Sommer 2015 verfünffacht. Kurz darauf kaufte Raiffeisen weitere Anteile hinzu und baute die Stellung als grösster Teilhaber aus. Und Vincenz bestieg den Thron des Verwaltungsratspräsidenten.
Doch der Absturz liess nicht lange auf sich warten. Raiffeisen musste wegen des massiven Kursverlustes im Jahr 2016 eine Wertberichtigung von 69 Millionen Franken vornehmen. Beim Tiefstand der Aktie im März lag Raiffeisen mit 467 Millionen Franken in den Miesen. Noch immer beträgt der Verlust 280 Millionen Franken. Das ist viel Geld für die Genossenschaftsbank.
Frey-Vertrauter an der Spitze des Verwaltungsrats
Nicht nur Schoch ist Geschichte bei Leonteq. Vincenz gibt in Kürze das Präsidium ab. Sein Nachfolger ist mit Christopher Chambers (56) ein Vertrauter von Rainer-Marc Frey. Er stammt wie dieser aus der Hedge-Fonds-Industrie, kaufte ihm einst sogar die Firma ab und machte Frey zum reichen Mann. Nun revanchiert sich Frey, indem er Chambers einen Posten verschafft.
Am Markt kam die Rochade gut an. Gestern legte die Leonteq-Aktie um 7,3 Prozent zu. Das zeigt: Den Anlegern ist Frey lieber als Schoch – zumindest für den Moment.