Vorwurf der Drohung
Zürcher Gericht spricht Haushälterin von Ex-CS-Chef Thiam frei

Der Anwalt von Tidjane Thiam hat dessen Haushälterin am Zürcher Obergericht vorgeworfen, ihrem Chef gedroht zu haben. Sie habe Schulden gehabt und darum auf eine rasche Zahlung gepocht. Nun wurde die Frau freigesprochen.
Publiziert: 16:18 Uhr
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Aktualisiert: 18:45 Uhr
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Foto: Mark Lennihan
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Keystone-SDADie Schweizer Nachrichtenagentur

Das Zürcher Obergericht hat die frühere Haushälterin von Ex-CS-Chef Tidjane Thiam (62) am Mittwoch freigesprochen. Die 43-Jährige hatte in einem Lohnstreit 587'000 Franken von ihm gefordert. 

Der Sachverhalt sei unbestritten, sagte der Richter bei der Urteilseröffnung am Mittwoch. Die Beschuldigte habe eine E-Mail mit dem vorgeschlagenen Geldbetrag verschickt. Es habe sich nun aber die Frage gestellt, ob Thiam «ernsthafte Nachteile» hätten entstehen können. Das Gericht sah den Vorwurf der versuchten Nötigung nicht als erwiesen an.

Die Erwähnung von Gewerkschaften und dem Olympischen Komitee war dem Gericht nicht überzeugend genug. Sie habe bloss geschrieben, dass darüber gesprochen wurde, aber «ein konkreter Bezug zur geforderten Summe wird im Schreiben nicht hergestellt». Alles andere wäre eine «freie Interpretation», sagte der Richter.

43-Jährige erhält Genugtuung von 43'000 Franken

Es habe an einer Androhung gefehlt, sagte der Richter weiter, «schon da fällt die Anklage in sich zusammen». Die Beschuldigte habe glaubhaft versichern können, dass sie im Arbeitsstreit eine friedliche Lösung suchen wollte und diese zwischen den Parteien erfolgen sollte.

Die 43-Jährige erhält eine Genugtuung von 2000 Franken. Die Kosten des Verfahrens inklusive derjenigen des Verteidigers werden Thiam auferlegt, wie der Richter am Mittwochabend bekanntgab. Das Urteil kann noch an das Bundesgericht weitergezogen werden.

«Ich war extrem loyal»

Das Urteil nahm die 43-jährige Rumänin sichtlich bewegt entgegen. In ihrem Schlusswort betonte sie unter Tränen, dass sie nur auf Thiam zugehen wollte. Sie sei immer «extrem loyal» zu ihm gewesen und habe nie die Absicht gehabt, ihm zu schaden. «Ich kann nicht glauben, was hier geschieht», sagte sie auch mit Blick auf das grosse öffentliche Interesse. Sie wurde nun schon zum zweiten Mal vom Vorwurf der versuchten Nötigung freigesprochen. 

Die Beschuldigte hatte der Assistentin von Thiam eine E-Mail mit der Forderung nach 587'000 Franken geschickt. Sollte sie das Geld nicht erhalten, würde sie das Internationale Olympische Komitee und Gewerkschaften über schlechte Arbeitsbedingungen bei Thiam informieren, stand im Mail. Das seien Hintergrundinformationen für die Assistentin gewesen, sie habe Thiam nicht schaden wollen, sagte die 43-Jährige. 

Haushälterin soll Thiam gedroht haben

Der Anwalt von Tidjane Thiam warf der Haushälterin vor, ihrem Chef gedroht zu haben. Sie habe Schulden gehabt und darum auf eine rasche Zahlung gepocht.

Dass die E-Mail an Thiams Assistentin in nettem Ton verfasst wurde, sei unerheblich, sagte der Anwalt am Mittwoch am Zürcher Obergericht. «Diese E-Mail ist eine Schweigegeldforderung in höflicher Verpackung». Die Drohung mit dem IOK und den Gewerkschaften seien ein Ultimatum gewesen.

Der Verteidiger der Beschuldigten forderte einen Freispruch. Sie habe unter einer hohen Arbeitsbelastung gelitten, habe rund um die Uhr arbeiten müssen. Nach einem Streit mit der Partnerin von Thiam sei es zu einer Rachekündigung gekommen. Diese sei missbräuchlich gewesen, sagte der Verteidiger.

Thiam sei unter anderem wegen nicht gewährter Ferien und nicht bezahlter Überstunden zu einer Zahlung von rund 200'000 Franken verurteilt worden. Das Urteil sei zwar rechtskräftig, Thiam habe aber noch nicht gezahlt, sagte der Verteidiger. Die Anzeige gegen seine Mandantin bezeichnete der Verteidiger als Reaktion auf den damals laufenden Zivilprozess.

«Kriminelles Genie»

Seine Mandantin sei vom Kläger als «kriminelles Genie» bezeichnet worden. Sie habe jedoch immer hart gearbeitet und sei nie negativ aufgefallen. Die Forderung von 587'000 Franken sei ein Angebot gewesen, die Assistentin hätte als Mediatorin dienen sollen. Die E-Mail hätte gar nicht an Thiam gehen sollen, sagte der Verteidiger.

Die Anklage hatte ursprünglich eine bedingte Freiheitsstrafe von sieben Monaten und eine Busse über 1200 Franken wegen versuchter Nötigung gefordert. Die Staatsanwaltschaft nahm nicht am Berufungsprozess teil.

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